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Kultur digital?!

Von Camilla Lindner / 25. November 2015
Julia Kneuse

Um notwendige Lösungsvorschläge und neue Rahmenbedingungen für die Arbeitswelt umsetzen zu können, muss die Digitalisierung als Teil der Lebenswelt angesehen werden. Weil eine Kultur ohne das Voranstellen des Adjektives „digital“ unsere Realität prägt.

„Schaue ich mir ein Konzert in echt an, zahle ich sieben Prozent Mehrwertsteuer. Schaue ich es mir jedoch digital an, werden aus sieben nun 19 Prozent Mehrwertsteuer“, sagt der Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner auf der #DigiKon15 zum Thema „Kultur digital?!“. Kulturproduktionen, denen das Adjektiv „digital“ vorangestellt wird, werden so durch die Politik benachteiligt. Wahrscheinlich, weil die Digitalisierung vielen Politikern noch nicht ganz geheuer erscheint. Schließlich bezeichnet Merkel das Internet als Neuland. Neuland – also Ackerland, das noch am Anfang seiner Nutzung steht. Aber auch Neuland in dem Sinne, dass die Menschen noch nicht wissen, was sie erwartet. Ein Zustand voller Skepsis.

„Post-Neuland“

Das Internet ist nur Teil der Digitalisierung. Als was hätte Merkel dann die Digitalisierung bezeichnet? Als „Post-Neuland“?

Es fällt bei vielen Diskussionen auf der #DigiKon15 auf, dass betont wird, dass es sich entweder um digitale Kultur oder lediglich um Kultur handelt; oder um digitale Kunst oder um Kunst ohne das Präfix „digital“. Es wird noch klar getrennt zwischen der vermeintlich digitalen Welt und der Konstruktion einer „realen“ Welt, einer Welt die als erfahr- und erspürbar begriffen werden kann. Es stellt sich damit die Frage, was die sogenannte „reale Welt“ darstellt und was diese von der „digitalen Welt“ unterscheidet.

Die Betonung auf digital ist überflüssig. Denn es gibt keine klare Grenze zwischen „real“ (analog) und „digital“. Digital ist Teil der Lebenswelt, der Umwelt und der Kultur. Der Versuch einer Trennung schlägt fehl. Denn die soziale Konstruktion von Wirklichkeit kann nicht mehr ohne die Implementation der digitalen Lebenswelt funktionieren.

Wenn sich Menschen, hauptsächlich Künstler, in ihrer Freiheit durch die Digitalisierung beraubt fühlen, dann versuchen sie immer noch, die Digitalisierung aus ihrem Leben fern zu halten. Den Meisten von ihnen ist wohl bewusst, dass das heute nicht mehr möglich ist. Aber trotzdem ist da die Angst vor dem Geldverlust, der durch den sogenannten Missbrauch des eigenen künstlerischen Eigentums durch andere entsteht.

Digitalisierung und Emotionalität

Laut Tim Renner ist es wichtig, die Digitalisierung auch emotional zu verstehen. „Bei den Politikern ist das größtenteils noch nicht der Fall“, so Renner. Die Frage ist nur, was er unter emotionaler Erfahrung versteht. Merkels „Neuland“ scheint doch gerade eine emotionale Erfahrung zu sein, die wiederum eine Realität schafft. Nämlich dass die Politik die Digitalisierung skeptisch betrachtet und benennt.

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