DebatteHeilendes Hanf, ganz legal?
Cannabis ist seit knapp einem Jahr in Deutschland als Medikament zugelassen. Patienten können seitdem eine Kostenübernahme für Cannabistherapien bei der Krankenkasse beantragen.
„Schwerkranke Menschen müssen bestmöglich versorgt werden“: So begrüßte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die Gesetzesänderung im deutschen Gesundheitssystem zur medizinischen Verwendung von Cannabis. Seit März 2017 darf jeder Arzt chronisch schwer erkrankten Patienten neben Fertigarzneimitteln auf Cannabisbasis nun auch getrocknete Cannabisblüten – umgangssprachlich bekannt als Marihuana oder Gras – verschreiben. Die Hanfpflanze soll bei Schmerztherapien chronischer Erkrankungen wie Multipler Sklerose helfen.
Die bekanntesten Wirkstoffe im Cannabis sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Sie wirken schmerzlindernd, muskelentspannend und appetitanregend. CBD hat zudem antipsychotische und antiepileptische Eigenschaften und soll krebshemmend wirken.
In Deutschland konnten Patienten bereits seit 2009 in begründeten Ausnahmefällen medizinisches Cannabis als Therapiealternative in der Apotheke erhalten, mussten dies aber selbst bezahlen. Mit der Gesetzesänderung haben sie die Möglichkeit, sich die Kosten für derlei Präparate von der Krankenkasse erstatten zu lassen.
Hohe Hürden bleiben
Während Ärzte in den USA nur bei bestimmten Krankheiten Cannabis verschreiben dürfen, ist in Deutschland die Schwere einer Erkrankung Grundlage für die Beurteilung, ob eine Cannabis-Behandlung sinnvoll erscheint oder nicht.
Die Gesetzesänderung sieht zudem vor, dass Präparate für medizinisches Cannabis aus staatlich kontrolliertem Anbau kommen müssen. Verantwortlich für die Umsetzung ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das sich selbst als staatliche „Cannabisagentur“ bezeichnet. Gleichzeitig verpflichtet sich jeder Arzt, der ein Cannabis-Rezept ausstellt, an einer begleitenden Datenerhebung des Bundesinstituts für Gesundheit teilzunehmen, um Informationen zum langfristigen Gebrauch von Cannabis zu medizinischen Zwecken zu sammeln. Für diese Datenerhebung erhalten die Ärzte keine zusätzliche Bezahlung, sodass eine Cannabis-Verschreibung für sie mit einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand verbunden ist.
Hat sich ein Arzt dennoch für ein Cannabis-Rezept entschieden, prüfen die Krankenkassen sehr genau, ob der Bedarf ausreichend begründet ist. Laut einer Verordnung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gilt ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabis nur, wenn eine den anerkannten medizinischen Standards entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht oder keinen Erfolg verspricht. Zudem muss eine spürbare Verbesserung des Krankheitsverlaufs erwartbar und schließlich erkennbar sein.
Die Nachfrage ist groß
Obwohl so gut wie keine aussagekräftigen Studien zur medizinischen Wirkung der Hanfpflanze vorliegen und nicht vorausgesagt werden kann, ob eine Cannabis-Therapie anschlägt, bestehen viele Patienten bereits auf eine Behandlung. „Die Praxen werden quasi von Menschen mit falschen Erwartungen überrannt“, sagte Winfried Häuser auf dem Deutschen Schmerzkongress im Oktober 2017. Viele Patienten glaubten, mit Cannabis endlich ein wirksames Schmerzmittel zu haben, das ihnen bisher vorenthalten wurde.
Allein in den ersten drei Monaten nach Gesetzesänderung gingen bei der DAK mehr als 600 und bei der BARMER zwischen März und Juli 2017 935 Anträge auf Kostenübernahme einer Cannabis-Therapie ein. Laut dem Deutschen Ärzteblatt lehnen die Krankenversicherungen etwa 25 bis 50 Prozent dieser Anträge ab. Als Ursache für die hohe Ablehnungsquote nennen die Krankenkassen vor allem einen zu schwammig formulierten Gesetzestext. Es fehlten zum Beispiel direkte Kriterien, anhand derer man den Erfolg einer Cannabis-Therapie beurteilen könne. Deshalb muss in vielen Fällen der Medizinische Dienst der Krankenversicherung als neutrales Organ eingeschaltet werden. Die Folge sind lange Warte- und Verhandlungszeiten. Nicht selten würden sich Patienten deshalb auf schnelleren, meistens günstigeren und illegalen Wegen Cannabis beschaffen, berichtet ein Arzt, der namentlich nicht genannt werden will.
Viele Ärzte kritisieren Berichterstattungen über die angebliche Wunderarznei Cannabis. Solche Informationen seien gefährlich, weil sie falsche Versprechungen machten und Hoffnungen schürten. Unbestreitbar bleibt, dass gerade unter jungen Menschen der Cannabis-Konsum stetig zunimmt. Laut dem jüngsten Drogenbericht der Bundesregierung konsumieren 7 Prozent der 12- bis 17-Jährigen und 15 Prozent der 18- bis 25-Jährigen regelmäßig Marihuana. Kritiker fürchten, dass durch die Legalisierung der Hanfpflanze als Medikament ihre Beliebtheit auch außerhalb der medizinischen Nutzung weiter steigen könnte.
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Es ist wirklich gut, das Hanf heutzutage gegen schmerzen eingenommen werden kann. Die Gesetzesänderung kommt da gerade richtig. In anderen Ländern ist das ja schon längst gang und gebe.
Danke für deinen Kommentar, Jim Winkler.