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DebatteIst Bares bald Geschichte?

Von Tobias Westphal / 31. Mai 2024
picture alliance / Zoonar | stockfotos-mg

Lange Zeit waren die Deutschen bekannt für ihre Liebe zum Bargeld. Zuletzt bezahlen aber immer mehr Menschen digital und so stellt sich die Frage nach der Zukunft von Münzen und Banknoten. Aber nicht nur in Deutschland.

Nur Bares ist Wahres: Dieses geläufige Sprichwort verdeutlicht das Verhältnis der Deutschen zum Bargeld. Bargeld hat eine lange Geschichte und ist in unserer Tradition verankert; außerdem gibt es uns ein Gefühl von Sicherheit. Was man anfassen kann, das ist real – so zumindest scheint es. Jüngeren Kindern helfen Münzen und Scheine, den Umgang mit Geld zu lernen. Ältere Menschen schwören dank Anonymität und “Ausfallsicherheit“ vor streikenden Automaten auf Banknoten. Was man in der Tasche hat, hat man. So zumindest sehen es Bargeld-Nutzer*innen.

Die Deutschen gelten als Bargeld-Liebhaber*innen. Doch es setzt eine Trendwende ein: Nur noch rund 35 Prozent des Gesamtumsatzes im Einzelhandel wird mit Bargeld abgewickelt, zu diesem Ergebnis kommt eine Erhebung des Kölner EHI Retail Institute. 2016 war es noch mehr als die Hälfte.

Warum auch nicht, fragen Befürworter*innen des digitalen Euro. Digitales Geld hätte viele Vorteile, so der Konsens: Es lässt sich in Sekundenschnelle in die ganze Welt transferieren, es wiegt nichts in der Brieftasche und es kann nicht verloren gehen. Gut, man kann Bankkarten verlieren, aber schnell gesperrt, ist das Verlustrisiko minimal. Und korrekt programmiert ist es weitestgehend fälschungssicher, sind sie überzeugt.

Damit stellt sich die Frage, ob wir Bargeld überhaupt noch brauchen. Oder wird es in Zukunft genauso aus unserem Alltag verschwinden wie Telefonbücher? Die Debatte darüber weitet sich immer mehr aus.

Nur Bargeld ist Zentralbankgeld

Die Europäische Zentralbank (EZB) verkündet: Ja, das Bargeld bleibt. Als einzige Zentralbankwährung für Privatleute ist es ein entscheidender Faktor für die Stabilität unseres Währungssystems. Wer eine Euro-Banknote in der Hand hält, verfügt damit über eine direkte Forderung gegenüber der Europäischen Zentralbank. Bei Bankguthaben und anderen Vermögenswerten, eben alle weiteren Möglichkeiten für Privatkund*innen, Geld zu verwahren, handelt es sich hingegen um sogenanntes Buchgeld, also um eine Forderung gegen die Hausbank, die am Ende „nur“ eine Zahl in irgendeiner Datenbank ist.

Buch- und Bargeld lassen sich am Bankautomaten oder Schalter gegeneinander umwandeln, aber erst ihr Zusammenwirken komplettiert unser Währungssystem. Dass nun mit steigender Beliebtheit bargeldloser Transaktionen immer weniger Bargeld im Umlauf ist, ist der EZB schon lange ein Dorn im Auge.

Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, schwebt EZB-Präsidentin Christine Lagarde die Einführung eines digitalen Euros vor. So wolle man „sicherstellen, dass Bürger und Unternehmen auch im digitalen Zeitalter Zugang zur sichersten Form des Geldes, dem Zentralbankgeld, haben“, wird sie zitiert. Praktisch heißt das: Man kann über ein digitales System jederzeit Buchgeld in Bargeld umtauschen, ohne dafür zur Bank gehen zu müssen. Das Bargeld wird in Form eines Tokens in einer App oder auf einer Karte gespeichert – und zwar so lange, bis es ausgegeben wurde.

Der lange Weg zum digitalen Euro

Weniger im Fokus steht bei der Frage über die Zukunft des Bargelds das Thema Inklusion. Denn noch gilt: Physisches Bargeld bedeutet Teilhabe, sagen jedenfalls Fans von Papier- und Münzgeld.

In der Beliebtheit kontaktloser Zahlungen zeigt sich ein deutlicher Altersunterschied. Gerade ältere Menschen, die nicht mit digitalen Medien großgeworden sind, haben ein geringeres Vertrauen ins Digitale. Ihnen geht es um ihr mühsam Erspartes, für das sie ein Leben lang gearbeitet haben.

In der Barrierefreiheit sei Bargeld nicht zu übertreffen, argumentieren sie. Und tatsächlich: Es hat mehrere inhärente Merkmale. Wer nicht sehen kann, was auf der Münze steht, kann es mit der Hand fühlen – und umgekehrt.

Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass ein digitaler Euro nicht genauso barrierefrei und einfach zu nutzen wäre, lautet das Gegenargument. Es heißt aber auch, dass vor seiner Einführung noch einiges an Überlegung und Anstrengung aufgebracht werden muss, um seine Funktionsweise zu durchdenken und in der Bevölkerung Vertrauen für seinen Einsatz zu schaffen. Darin sind sich alle einig.

Bargeld ohne Banknoten

Dass das Bargeld bestehen bleiben wird, ist nach dem aktuellen Kurs der EZB klar. In welcher Form, ist aber höchst umstritten. Bargeld ist nicht mehr gleich Münzen und Scheine. Es kann eben auch digital existieren.

Zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten fürchten, der digitale Euro könne das physische Bargeld komplett verdrängen. In der Slowakei ist das Recht auf physische Barzahlung seit Juni letzten Jahres deswegen sogar in der Verfassung verankert. Auch Schweden, lange Zeit das beste Beispiel für eine bargeldlose Zukunft, macht einen Rückzieher: In ihrem letzten Jahresbericht betont die schwedische Zentralbank erstmalig die unverzichtbare Rolle von Bargeld.

Währenddessen fürchten Zahlungsdienstleister*innen um ihre Bedeutung am Finanzmarkt. Zwischen der EZB und einem Zusammenschluss von 14 Großbanken aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und auch Deutschland ist um das Thema des digitalen Euros Streit entbrannt. Und in der Zivilgesellschaft breitet sich trotz akzeptierter, zahlreicher Vorteile Kritik am geplanten „Digitalzwang“ aus.



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