ProGreenwashing löst die Klimakrise nicht
Im Sinne der UN Sustainable Development Goals verbessern nachhaltige Technologien unsere Lebensbedingungen – ohne negative ökologische oder soziale Folgen. Sie sollen nutzbar sein, auch wenn sich die ökologischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern. Im Fall von Atomenergie und Erdgasgewinnung gilt eher das Gegenteil.
Die meisten der Kriterien für nachhaltige Ziele erfüllen die Kernenergie und Erdgas nicht. Trotzdem will die EU diese jetzt in der Taxonomie als „nachhaltig“ einstufen. Eine fatale Entscheidung gegen einen echten energetischen Neustart!
Nicht emissionsfrei
Atomstrom setzt bis zu achtmal und Erdgas sogar bis zu dreißigmal mehr Emissionen frei als erneuerbare Energien. Zwar stimmt, Strom aus Kernenergie selbst setzt kaum CO2 frei. Jedoch sind die Wege vor und nach der Stromproduktion CO2 intensiv. Der Uranabbau, die Herstellung der Brennelemente, der Bau und Rückbau der AKWs und die Lagerung, das alles verursacht Emissionen.
Erdgas schneidet in der CO2-Bilanz besser ab als Kohlestrom, ist aber mit 247 Gramm CO2 pro Kilowattstunde alles andere als klimafreundlich, wie etwa das Deutsche Pelletinstitut verdeutlicht. Außerdem wird bei der Erdgasproduktion Methan ausgestoßen, das 28-mal klimaschädlicher als C02 und für 30 Prozent der Erderwärmung verantwortlich ist. Es baut sich innerhalb von ca. neun Jahren in der Atmosphäre ab, C02 hingegen erst nach 100 Jahren. Eine Reduktion der Methan-Emissionen (z.B. durch Erdgasausstieg) würde sich schon nach kurzer Zeit positiv auswirken.
Endliche Energien
Das für Atomstrom benötigte Uran ist begrenzt verfügbar, es gibt keinen „Brennstoff-Kreislauf“. Konservative Rechnungen zeigen, dass das weltweite Uranvorkommen nur noch 18 Jahre reichen wird. Und dann? Zwar wird an neuen Technologien zur Atomenergie geforscht, bislang aber mit wenig Erfolg. Klimakrise ist jetzt und sie wartet nicht auf Erfindungen!
Erdgas wird uns in geschätzt 60 Jahren ausgehen, Gas ist eine endliche Ressource. Trotzdem pumpen wir zur Erdgasgewinnung beim Fracking hunderte Chemikalien in den Boden, statt uns konsequent auf erneuerbare Energien zu konzentrieren.
Nicht sicher
Nachhaltigkeit darf nicht bedeuten, dass wir die Sicherheit künftiger Generationen gefährden. Es gibt immer noch keine Lösung für die Endlagerung von radioaktivem Müll, der noch in 200.000 Jahren strahlt. Fukushima hat gezeigt, wie durch Reaktorunfälle ganze Gebiete und Ökosysteme unbewohnbar werden. Schon heute sind viele AKWs veraltet und werden immer anfälliger für Störfälle, das Risiko einer weiteren nuklearen Katastrophe steigt. Die meisten AKWs sind für eine Laufzeit von 30 Jahren ausgelegt, viele sollen aber doppelt so lang weiterlaufen, denn ein Neubau ist extrem kostenintensiv.
Auch die Förderung von Erdgas, insbesondere mit der Frackingmethode, ist alles andere als sicher. Beim Fracking werden Gesteinsschichten im Untergrund aufgebrochen, um auf diese Weise Erdgas freizusetzen. Großbritannien hat wegen Erdbebengefahr im Jahr 2019 das Fracking ausgesetzt. Dabei genutzte Chemikalien vergiften darüber hinaus Boden und Gewässer und töten Lebewesen, wie man inzwischen weiß.
Wirtschaftlich nicht rentabel
Atomenergie wird mit Steuergeldern subventioniert. Rentabel war das noch nie. Die Elektrizitätskosten für Atomstrom sind bis zu dreimal höher als die für Solar- oder Windenergie. Ein AKW, das heute gebaut wird, verzeichnet am Ende seiner Laufzeit einen durchschnittlichen Verlust von vier Milliarden Euro. Atomenergie in der Taxonomie als „nachhaltig“ einzustufen, mutet wie der verzweifelte Versuch an, durch Subventionen Atomstrom doch noch einträglich zu machen. Doch wir verschleudern mit Investitionen in den Atomstrom Milliarden, die wir dringend für den Ausbau von erneuerbaren Energien benötigen.
Weiter mit klimaschädlichem Erdgas
Große Energiekonzerne haben (mit Erfolg) in Lobbyarbeit investiert, um Erdgas als Brückentechnologie für den Klimaschutz zu etablieren. Weil es für Kohle und Öl keine Zukunft gibt, lässt sich nur mit Erdgas Geld machen. Der Gaswirtschaft ist es gelungen, es als Säule der Energiewende zu etablieren und seine Förderung um Jahrzehnte zu verlängern. Der fossile, klimaschädliche Brennstoff bietet den Energiekonzernen über die Taxonomie auch noch Vorteile. Ein längst überfälliger Einstieg in ein wirkliches Zeitalter der erneuerbaren Energien sieht anders aus!
Nicht sozial verträglich
Die benötigten Ressourcen für die Atomenergie werden im globalen Süden und in Nordamerika zu 70 Prozent in Gebieten der indigenen Bevölkerung abgebaut. Das Land selbst, traditionelle Siedlungen und rituelle Stätten werden dadurch zerstört und verseucht. Für den Ressourcenabbau wird viel Wasser verbraucht, das an anderer Stelle fehlt. Wenn Böden und Gewässer durch den Uranabbau unbrauchbar werden, verlieren indigene Völker ihre Existenzgrundlage. Zwischenzeitlich wird sie als billige Arbeitskraft ein- und einer enormen Strahlenbelastung ausgesetzt, die gesundheitliche Schäden anrichten kann.
Ausbau gehemmt
Langfristig, sozial verträglich, ökologisch? Das sind nur erneuerbaren Energien, nicht die Atomenergie, nicht das Erdgas. Angesichts unübersehbarer Folgen und “Nebenwirkungen“ muss die EU zur Bewältigung der Klimakrise davon loskommen und einen echten Neuanfang forcieren. Keine Frage: Bis wir komplett auf die erneuerbaren Energien umsteigen können, brauchen wir Übergangstechnologien. Wenn wir diese aber als nachhaltig einstufen und dazu Energiebilanzen “vergrünern“, dann könnten wir den Beginn eines neuen Zeitalters auf’s Spiel setzen und den Fokus auf das Wesentliche verlieren: die Energiewende hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien.