Themenvielfalt in Serie
„Die Seriale“ feierte dieses Jahr ihr 10. Jubiläum in Gießen und Wetzlar. Das Kurzserienfestival zeigte 50 Kurzserien und Pilotfolgen aus 16 Ländern.
Zehn Screening Blöcke mit einer Länge von jeweils circa anderthalb Stunden, ein Rahmenprogramm mit Panels, Vernetzungsangeboten für Schauspieler und Filmindustrie und einer abschließenden Preisverleihung bildeten das Programm der „Seriale“. Der Hauptaustragungsort befand sich in Gießen, die Eröffnungszeremonie fand in Wetzlar statt. Hauptsponsoren waren die Filmförderung Hessen Film & Medien sowie die Städte Gießen und Wetzlar. Gezeigt wurden vorrangig Kurzserien mit weniger als 30 Minuten Länge je Folge.
Dabei sind Kurzserien nicht mit Miniserien zu verwechseln, die eine geringe Anzahl an Episoden haben. „South Park“ zählt mit seinen 26 Staffeln und über 300 Episoden mit einer Folgenlänge von ca. 20 Minuten zu einer der erfolgreichsten Kurzserien. „Die Seriale“ zeigte deutlich weniger bekannte Serien aus aller Welt mit Schwerpunkt auf deutschen Produktionen. Allein fünf der 42 Kurzserien wurden in Hessen gedreht. Sowohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk als auch private Kreative waren auf der Leinwand vertreten.
Von Mädchenfußball und zerstrittenen Bandmitgliedern
Gezeigt wurden sowohl fiktionale wie dokumentarische Serien. In der Doku „Kicken wie ein Mädchen“ wird ein Mädchen-Fußballteam in NRW begleitet. Ein emotionaler Einblick in das Leben von Teenagern, die alles geben, um in den Top-Fußball zu gelangen und um Anerkennung in der Männerdomäne kämpfen. Angeleitet werden sie von zwei engagierten Trainern, die über den Teamsport „ihren“ Mädchen Werte wie Fairness und Zusammenhalt vermitteln wollen.
Fiktional, aber mit historischem Bezug, geht es in „Haus Kummerveldt“ um das Leben einer jungen Frau Ende des 19. Jahrhunderts, die sich mit den starren Gesellschaftsstrukturen konfrontiert sieht, während sie sich nach einem Leben als Schriftstellerin sehnt. Auch ein Bogen zur gegenwärtigen #Metoo-Debatte wird gespannt. Zu sehen ist diese Serie mittlerweile in den Mediatheken von ARD, ZDF und arte. Dass dieser Erfolg alles andere als vorhersehbar war, machte Produzentin Lotte Ruf in einem Panel klar: „Nicht aufgeben“ sei eine der wichtigsten Voraussetzungen überhaupt für das Filmemachen.
Zum Festival gehörten auch Pilotfolgen, also Folgen, die als Test produziert werden, um eine Produktionsfirma von einem Filmkonzept zu überzeugen. So wie bei „The Folks“. In der gezeigten Folge erhält ein erfolgloser Musiker eine scheinbar einmalige Chance. Einem Produzenten gefällt einer seiner Songs. Das Problem ist, dass der Song, der dem Produzenten gefällt, von einem Bandkumpel aus Schulzeiten geschrieben wurde. Der Musiker versucht, die alte Band wieder zusammenzutrommeln und reißt dabei alte Wunder auf.
Keine leicht Wahl für die Jury
Die Jury kürte die beste Serie als auch die besten Produktionen in einer bestimmten Kategorie, wie zum Beispiel bester Schnitt oder bestes Drehbuch bzw. die beste Serie eines Genres. Insgesamt wurden 17 Preise verliehen. Dass ihr die Entscheidung nicht leicht fiel, ist daran zu erkennen, dass die Jury sich entschloss, Serien, die keine Auszeichnung erlangten, lobend zu erwähnen. Unter anderem die Doku „Kicken wie ein Mädchen“, bei der die Jury die Courage der Filmemacher und der jungen Protagonistinnen herausstellte. Der Preis für diese Kategorie ging dann allerdings an „Fichines: The History of Arcades in Argentina“, eine Doku über die Geschichte der Spielautomaten in dem südamerikanischen Land.
Als beste Serie wurde „2 Minuten“ von der ARD gekürt. In Folgen von 5 bis 9 Minuten thematisiert die Serie das Mutterwerden und zeigt mit einem Augenzwinkern, welche (sozialen) Schwierigkeiten eine Schwangerschaft mit sich bringt und das Mamawerden bzw. Mamasein nicht immer ein Traumjob ist. „2 Minuten“ blickt auf verschiedene, fast schon wohlbekannte Rollen: Eine Teenagerin, die eine ungeplante Schwangerschaft fürchtet und deswegen für einen Schwangerschaftstest um die Apotheke schleicht oder ein Influencerpaar, welches das vermeintliche Elternglück für Social Media inszeniert. Sehr eindrücklich ist auch die erste Folge der zweiten Staffel, die mit einem Schreikind beginnt, das seine lesbischen Eltern bis an den Rand der Verzweiflung treibt. Die einzige Lösung: Den Kleinen mitten in der Nacht ins Auto zu setzen und solange durch die Gegend zu fahren, bis er endlich einschläft.
Beste Serie im Langformat, also mit mehr als 30 Minuten, wurde „Füxe“, eine Drama-Serie über einen jungen Studenten, der durch sein WG-Zimmer Teil einer Studentenverbindung wird. Hier geht es zur Rezension.
Fazit
Wir alle kennen die Serien bei Netflix und Prime Video, die zum Binge Watching-Marathon einladen. Die „Seriale“ zeigt: Episoden müssen nicht 45 bis 60 Minuten lang sein, um eine starke Geschichte zu erzählen. Viel zu oft werden Serien künstlich in die Länge gezogen, obwohl die Erzählung beziehungsweise die Protagonisten eigentlich schon auserzählt sind. Kurzserien schaffen einen kunstvollen Spagat zwischen Film und klassischer Serie. Sie sind es wert, mehr Raum in den Mediatheken und auf den Streaming Plattformen zu erhalten.