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Willkommenskultur für Flüchtlinge: Was kann ich selber tun?

Von Sagwas-Redaktion / 14. Oktober 2015
Foto: sagwas

Was brauchen Flüchtlinge am dringendsten, wenn sie in Deutschland angekommen sind? Wie kann ein funktionierender Sprachunterricht für Flüchtlinge organisiert werden? Wie sehr wollen und können wir den Arbeitsmarkt für Flüchtlinge öffnen? Diese und andere Fragen diskutierten wir am Donnerstag, 15.10.2015 von 13 bis 14 Uhr mit Marie Scharfenberg (Initiative Kreuzberg hilft) und Katarina Niewiedzial (Integrationsbeauftrage […]

Was brauchen Flüchtlinge am dringendsten, wenn sie in Deutschland angekommen sind? Wie kann ein funktionierender Sprachunterricht für Flüchtlinge organisiert werden? Wie sehr wollen und können wir den Arbeitsmarkt für Flüchtlinge öffnen?

Diese und andere Fragen diskutierten wir am Donnerstag, 15.10.2015 von 13 bis 14 Uhr mit Marie Scharfenberg (Initiative Kreuzberg hilft) und Katarina Niewiedzial (Integrationsbeauftrage des Bezirks Pankow von Berlin). Das Gespräch wurde durch Dr. Dietmar Molthagen, Referent im Projekt „Integration und Teilhabe“ der Friedrich-Ebert-Stiftung) moderiert.

Katarina Niewiedzial
Katarina Niewiedzial

Seit Februar 2014 ist die Politikwissenschaftlerin Katarina Niewiedzial Integrationsbeauftragte des Berliner Bezirks Pankow. Die gebürtige Polin ist im Alter von 12 Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland eingewandert. Sie war zuvor mehrere Jahre bei dem Think Tank „Progressives Zentrum“ tätig, u.a. zu Fragen der Integrationspolitik. Die Integrationsbeauftragte setzt sich für die Belange von Migrantinnen und Migranten im Bezirk ein, sie pflegt enge Kontakte zu zivilgesellschaftlichen Organisationen, informiert über Deutsch- und Integrationskurse sowie über spezifische Angebote für Einwanderer im Hinblick auf Schule und Beruf. Dabei arbeitet sie eng mit vielen weiteren bezirklichen Akteuren zusammen Zudem ist sie Ansprechpartnerin für zugewanderte Menschen, die sich hier diskriminiert fühlen.

Marie Scharfenberg
Marie Scharfenberg

Marie Scharfenberg ist 28, hat in Berlin Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin für einen Abgeordneten im Bundestag. Seit wenigen Wochen ist sie bei Kreuzberg hilft dabei. Beim ersten Telefonat mit einer der Initiatorinnen war ihr schnell klar, dass sie sich auch aktiv einbringen möchte. Marie Scharfenberg ist verantwortlich für die Finanzen von „Kreuzberg hilft“, behält den Überblick und verwaltet die Spenden.

Bild dmo
Dr. Dietmar Molthagen

Dr. Dietmar Molthagen verantwortet seit 2012 die Arbeitsbereiche Integration und Teilhabe sowie Empirische Sozialforschung im Forum Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zuvor leitete er das Thüringer Landesbüro und das Projekt „Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus“ der FES. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Themen Interkultureller Dialog, Religion und Politik, Rechtsextremismusbekämpfung sowie Demokratie- und Partizipationsförderung. Dietmar Molthagen studierte Geschichte, Politik und Evangelische Theologie an den Universitäten Hamburg und Leicester (GB). Er ist Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen und ehrenamtlich u.a. im Bundesvorstand des „Netzwerk für Demokratie und Courage“ aktiv.

Ein ausführliches Transkript dieses Gesprächs haben wir natürlich vorbereitet:

Dr. Dietmar Molthagen: Hallo und herzlich Willkommen zur Online-Debatte auf www.sagwas.net. Wir werden in der kommenden Stunde diskutieren über Willkommenskultur für Flüchtlinge: Was kann ich selber tun? Mein Name ist Dietmar Molthagen. Ich arbeite bei der Friedrich-Ebert-Stiftung im Forum Berlin, dort im Arbeitsbereich Integration und Teilhabe und ich begrüße ganz herzlich Katarina Niewiedzial. Sie ist die Integrationsbeauftragte des Berliner Bezirks Pankow. Herzlich willkommen! Und Marie Scharfenberg. Sie arbeitet ehrenamtlich bei der Kreuzberger Initiative Kreuzberg hilft, die sich für Geflüchtete hier einsetzt. Ganz herzlich willkommen! Wir werden in der nächsten Stunde miteinander diskutieren. Sie als Nutzer haben jederzeit die Möglichkeit, sich einzuschalten auf www.sagwas.net, etwas zu posten, eine Frage, einen Kommentar. Ich sehe das hier auf meinem Bildschirm und dann sind Sie auch ganz schnell in der Debatte dabei. Frau Scharfenberg, erste Frage vielleicht an Sie: Ich habe es gesagt, Sie arbeiten bei Kreuzberg hilft. Sie sind also aktiv, so wie ganz viele Bürgerinnen und Bürger im Moment in Deutschland, für Geflüchtete. Einmal ganz persönlich gefragt: Warum machen Sie das eigentlich?

Marie Scharfenberg: Also, ich arbeite nicht hauptamtlich bei Kreuzberg hilft, sondern ich bin, wie viele andere dort auch, ehrenamtlich aktiv. Angefangen hat das eigentlich, dass ich, wie viele andere auch, die Bilder gesehen habe von den Geflüchteten, insbesondere natürlich am LaGeSo, am Landesamt für Gesundheit und Soziales, die in Berlin für die Registrierung zuständig sind, und habe dann diese für mich sehr erschütternden Bilder gesehen und bin dann dort mit Spenden hingefahren und habe mir die Situation vor Ort angeguckt. Und vor Ort hat sich, finde ich, die Situation noch viel schlimmer dargestellt als im Fernsehen. Und ich habe dann beschlossen, dass ich aktiv werden möchte, und habe dann Kontakt aufgenommen zu den Initiatorinnen von Kreuzberg hilft. Das ist eine Gruppe von vier Frauen gewesen. Eine davon als Hebamme am LaGeSo ehrenamtlich aktiv. Dann: Zwei andere haben einen Laden in Kreuzberg und haben in einem Raum Spenden gesammelt und haben dann gemerkt: Da kommt total viel Rücklauf, und haben dann beschlossen: „Ok, wir wollen das ein bisschen größer aufziehen!“, und haben einen Spendenraum gesucht in Kreuzberg und haben sich zusammengeschlossen. Und daraus wurde dann etwas viel Größeres, als wir erwartet haben. Es kamen sehr viele Leute mit Spenden, es wurde eine Homepage installiert. Es ist jetzt eine richtige Gruppe geworden mit wechselhaft, ich würde sagen, ungefähr 50 Leuten. Und ich war dann an einem Treffen dabei – wir treffen uns immer Montag Abend, da können Interessierte dazukommen! Und dann war für mich klar: Ich will da auf jeden Fall mithelfen! Es ist eine super engagierte Gruppe, und seitdem bin ich da dabei und bin für die Spendenverwaltung zuständig.

M: Wenn man im Moment die Zeitung aufschlägt, dann liest man ja häufiger: „Naja, das Engagement lässt vielleicht sogar nach, die Stimmung droht zu kippen, die Ehrenamtlichen sind ausgebrannt.“ Sind Sie ausgebrannt? Wie sieht das bei Kreuzberg hilft aus?

S: Also, ich persönlich bin nicht ausgebrannt! Ich bin aber auch noch nicht so lange dabei. Persönlich kann ich das bestätigen, dass die Leute, die einfach den Job von Hauptamtlichen machen, ausgebrannt sind und sich denken: Wir können nicht mehr die Arbeit von Hauptamtlichen tragen! Wir können gerne unterstützen, aber wir können nicht Hauptamtliche ersetzen! Und: Die Stimmung droht zu kippen? – Das kann ich jetzt in der Form nicht bestätigen. Aber wir persönlich haben die Erfahrung gemacht, dass die Hilfsbereitschaft ein bisschen nachlässt. Und ich glaube, das liegt auch daran, dass einfach die Situation schon sehr lange andauert. Jetzt wäre es aber eigentlich besonders wichtig, dass wir an der Verbesserung der Situation arbeiten, weil, es steht der Winter vor der Tür. Wir merken alle: Es wird kalt. Die Leute können nicht mehr draußen vor dem LaGeSo übernachten. Und deswegen ist das besonders wichtig, dass da jetzt etwas passiert, hauptamtliche Stellen geschaffen werden und die dann natürlich die Ehrenamtlichen auch weiter unterstützen.

M: Frau Niewiedzial. Sie sind eine von den Hauptamtlichen, die sich damit beschäftigen, als Integrationsbeauftragte in Pankow. Was motiviert Sie, jeden Tag neu sich diesem Thema zu stellen? Sie können nicht ausweichen, aber die Frage, wie Sie persönlich damit umgehen, möchte ich trotzdem gerne stellen!

Katharina Niewiedzial: Ja, das ist auch, glaube ich, genau die richtige Frage. Ich bin als Integrationsbeauftragte für Belange von Migranten, von Zuwanderer zuständig. Und Flüchtlinge sind für mich Menschen, genauso wie andere auch, die zu uns zuwandern, die neu hier sind und natürlich unsere Unterstützung, auch Integration benötigen. Das ist also Teil meiner Arbeit. Die Unterstützung der Ehrenamtlichen finde ich eigentlich eine ganz tolle Brückenfunktion, die wir so in der Einwanderung der letzten Jahre nicht gesehen haben. Das ist tatsächlich ein Phänomen, speziell jetzt in den letzten ein, zwei Jahren mit der Zunahme der Flüchtlinge. Die Leute sind in einer, wirklich in einer besonderen Situation, anders als Spanier oder Polen oder …. ja, auch andere Drittstaatler, die freiwillig kommen, sind natürlich geflüchtete Menschen, haben keine andere Wahl, sind also hier und haben sich auch nicht lange überlegt: Ja, wie ist das jetzt hier? Was sind die ersten Schritte? D.h. diese ehrenamtliche Unterstützung von Deutschen ist da ganz hilfreich. Die fangen sie auf, sie begleiten sie zu Ämtern, sie machen mit ihnen verschiedenste Aktivitäten. Und das ist, glaube ich, tatsächlich sehr hilfreich für Integration. Problem wird es tatsächlich sein, wenn Ehrenamtliche, wie jetzt im Moment, wenn die Situation sich zuspitzt, zum Teil Aufgaben übernehmen müssen, die einfach aus dieser Notlage heraus sich ergeben. D.h. sie müssen helfen, Notunterkünfte mit aufzubauen oder bei medizinischer Versorgung zu helfen. Und trotzdem ist das so, dass wir, zumindest für Pankow, kein Nachlassen der Unterstützung beobachten, sondern ganz im Gegenteil: Wir können uns eigentlich vor ehrenamtlichen Unterstützern gar nicht retten. Auch jetzt, weil ich gerade medizinische Versorgung gesagt habe, auch Ärzte, Mediziner, die helfen wollen. Und das ist tatsächlich eine, finde ich, phänomenale Situation, dass trotz dieser ungewissen Lage – wir wissen eigentlich nicht, wie die Situation weiter geht – eine unglaubliche Hilfsbereitschaft von Seiten der Bevölkerung besteht, die immer noch wächst.

M: Auch unsere Nutzer sind sehr motiviert! Ernst z.B. schreibt vor wenigen Minuten: „Ich wohne in Kreuzberg. Wie kann ich mithelfen?“ Vielleicht können Sie da gleich etwas zu sagen. Aber auch andere Nutzer haben das schon ähnlich gefragt. Nancy z.B. schreibt: „Ich fühle mich, wenn ich die ganzen Nachrichten sehe, überfordert. Was kann man eigentlich jetzt als Einzelperson konkret machen? Wo kann man sich einbringen?“ Wo drückt der Schuh im Moment am meisten?

S: Wenn man helfen möchte, dann ist es am wichtigsten, sich vorher zu informieren. Wir z.B. haben eine Homepage. Jede Unterkunft veröffentlicht Bedarfslisten, die Initiativen genauso. Vorher die Bedarfslisten angucken, gucken, was gebraucht wird, das zusammenpacken und dann zu den Öffnungszeiten hinfahren, die Spenden gewaschen und sortiert mitbringen, damit vor Ort nicht mehr so viel sortiert werden muss. Das würde sehr helfen. Wir haben auch unterschiedliche Arbeitsgruppen. Wenn man jetzt sagt: „Ok, Spenden hinbringen, das reicht mir nicht!“ Wir haben einen Schichtplan für den Spendenraum. Da gibt es Leute, die sortieren, es gibt Leute, die gleichen die Bedarfslisten ab, es gibt Leute, die packen die Sachen zusammen, da gibt es Leute, die fahren die Sachen zu den Unterkünften. Das ist so ein bisschen das Konzept von Kreuzberg hilft, dass auch Unterkünfte, die jetzt vielleicht nicht zentral erreichbar sind, oder wie das LaGeSo, die einfach einen sehr hohen Bedarf haben, dass die auch beliefert werden mit Spenden in Spandau oder in Britz. Wenn man ein Auto hat und da bereit ist, mit zu fahren, dann gerne bei uns melden. Die Kontaktdaten sind auf unserer Homepage zu finden. Wir haben auch noch andere Arbeitsgruppen, die Aktivitäten mit Flüchtlingen, insbesondere jungen Menschen durchführen. Z.B. war letztens eine Gruppe von uns mit geflüchteten jungen Menschen in einem Konzert. Es gibt ganz viele tolle Initiativen, wie z.B. eine, die es geflüchteten Menschen ermöglicht, ein Onlinestudium anzufangen, um die Zeit zu nutzen, während sie auf ihr abgeschlossenes Verfahren warten. Es gibt Fahrradwerkstätten, wo geflüchtete Menschen kaputte Fahrräder reparieren und die dann selbst benutzen können. Das ist jetzt natürlich beim kalten Wetter ein bisschen schwieriger! Aber die Initiative gibt es trotzdem! Also, ich kann Ihnen nur raten: Vorher informieren! Gerne eine E-Mail schreiben, zu den Helfertreffen gehen und da findet sich dann für jeden, der gerne helfen möchte, auf jeden Fall eine Aufgabe, die ihm zusagt.

M: Und für unsere Nutzer: Wir werden die Kontaktadressen, sowohl von Kreuzberg hilft, als auch von der Integrationsbeauftragten von Pankow natürlich auch auf unserer Seite dann noch einmal veröffentlichen!

N: Vielleicht noch einmal der Hinweis: Es gibt eigentlich in jedem Bezirk, also in Berlin, Integrationsbeauftragte. Es gibt jetzt auch neu geschaffene Stellen der Flüchtlingskoordinatorinnen oder Koordinatoren. Es gibt über Freiwilligenagenturen, Stadtteilzentren, den Flüchtlingsrat immer Möglichkeiten, also, wenn man es googelt, wirklich lokal Möglichkeiten, sich zu engagieren. Wir haben in Pankow das so organisiert: Wir haben inzwischen zwölf Unterkünfte. Pankow ist der größte Berliner Bezirk, 380 000 Menschen leben in Pankow, zwölf Unterkünfte. Da sind also um jede Unterkunft ehrenamtliche Unterstützergruppen, die sich organisieren und dann mit einem Dachverband „Pankow hilft!“ wird das ganze noch einmal ein bisschen koordiniert. D. h. man kann wirklich auch vor Ort gucken: „Wo ist die nächste Unterkunft?“, zu den Unterstützergruppen gehen, die treffen sich wirklich monatlich regelmäßig, und da die Arbeit anbieten.

S: Eine Sache könnte ich noch kurz hinzufügen. Es gibt eine Internetseite, die heißt Volunteer Planner. Da kann man sich anmelden mit seiner E-Mail-Adresse. Und da gibt es von vielen Unterkünften im Prinzip eine Übersicht. Dort ist auch z.B. das LaGeSo dabei. Da kann man dann gucken. Selbst, wenn man nur eine Stunde hat, einfach in den Planer gucken. Da sind meistens freie Felder, wo man sich eintragen kann. Insbesondere werden natürlich Leute gesucht, die Fremdsprachen sprechen. Da kann man sich auf jeden Fall noch informieren. Und eine ganz persönliche Bitte hätten wir noch: Wir brauchen nämlich an einer bestimmten Stelle Hilfe. Wir müssen nämlich leider aus unserem Spendenraum heraus in der Dieffenbachstraße.

M: Also da, wo Bürger etwas abgeben können für Geflüchtete!

S: Genau richtig! Und wir sind auf der Suche nach einem neuen Raum. Da haben wir ein paar Wunschanforderungen: Dass eine bestimmte Größe da ist! Schön wäre es, wenn er barrierefrei zugänglich ist. Wir haben auf unserer Homepage auch den Aufruf jetzt gestartet. Und wenn da irgendwer irgendetwas weiß: Bitte gerne einfach melden, damit wir unsere Arbeit einfach fortsetzen können!

M: Ich hoffe, es gibt jetzt Zuschriften daraufhin und eine Lösung bald! Wir haben einige Punkte besprochen, was man tun kann. Unsere Nutzerin Meggie fragt noch nach einem bestimmten Punkt. Vielleicht Frau Niewiedzial, können Sie darauf antworten. Sie schreibt: „Sie vergessen bei unserer Planung für Flüchtlinge leider oft die psychische Situation, in der sich Kinder und Erwachsene befinden, Stichwort: Posttraumatische Belastungsstörung. Welche Hilfe kann man da eigentlich leisten?“

N: Ja, das ist tatsächlich ein schwieriger Punkt! Es gibt professionelle Beratungsstellen, die dort helfen, auch in Berlin. Meistens wissen die Unterstützergruppen, wenn man jetzt nicht als Einzelperson hilft, sondern in einer Unterstützergruppe, wo diese Anlaufstellen sind. Das Behandlungszentrum für Folteropfer ist z.B. eine Adresse. Da ruhig einmal mit den Leuten hingehen und sich wirklich professionell beraten lassen, damit man auch selbst nicht überfordert ist. Die Frage der Unterstützung ist auch immer tatsächlich sehr individuell. Man kann Sachen spenden, das ist schön. Wir haben aber natürlich im Moment, so wie offensichtlich in Kreuzberg, die Lager voll. Die Spendenbereitschaft war so enorm, dass wir im Prinzip, glaube ich, für die nächsten Jahre versorgt sind. Was wir uns z.B. wünschen und immer wieder die Diskussion in diese Richtung lenken, ist: Spenden Sie Zeit! Spenden Sie Begegnung! Spenden Sie einfach das, was die Leute am meisten brauchen, nämlich den Kontakt zu unserer Bevölkerung! Und das ist tatsächlich noch einmal etwas anderes! Also, jetzt Leute dafür zu gewinnen, dass sie sich über ein Jahr oder noch länger wirklich darauf einlassen, eine Unterstützung vor Ort bei einer Unterkunft anzubieten. Das ist aber, glaube ich, das, was beiden Seiten hilft!

S: Noch einmal zu den Spenden: Unser Spendenraum, ja, er ist voll, aber er ist auch ganz schnell wieder leer!

N: Ja! Es kommen immer neue Leute! Das stimmt!

S: Wir brauchen wirklich dringend warme Kleidung, Decken, Wärmflaschen. Wie gesagt, da freuen wir uns über Spendenbereitschaft. Nicht nur bei uns natürlich, sonder bei allen anderen Initiativen auch. Der Winter kommt, und da brauchen wir auf jeden Fall …

M: Und sie haben vorhin gesagt, vor allem, dass tatsächlich auch viel Männerkleidung fehlt, dass das im Moment sogar noch dringender ist als – alles ist dringend – aber insbesondere Männerkleidung!

S: Richtig!

N: Männerkleidung in kleinen Größen!

S: S und M!

N: Nein, wirklich! Männerkleidung, Kinderkleidung, Koffer, Kinderwagen, Tragetücher … Es gibt die Bedarfslisten, das brauchen wir alles gar nicht hier aufzählen! Die sind da sehr genau und sehr tagesaktuell auch!

S: Genau! Dann noch eine kurze Sache: Wenn Sie zuhause sammeln und Sie checken die Bedarfsliste und sammeln zwei Wochen Sachen und bringen Sie dann hin, da freuen wir uns natürlich auch darüber. Aber vielleicht checken Sie kurz bevor Sie kommen, einfach noch einmal die Bedarfsliste, das würde uns helfen.

M: Ich nehme an, Sie sprechen aus Erfahrung. Unsere Nutzerin Tante bittet gerade darum, dass wir die ganzen Adressen, über die wir hier sprechen, die Hilfsmöglichkeiten, auch online stellen. Das werden wir machen! Liebe Nutzer, es sitzen noch mehr Leute hier im Raum, die eifrig mitschreiben und das kommt dann auch auf www.sagwas.net. Unter anderem auch der Link zu www.neuenachbarschaft.de, eine Initiative, auf die unsere Nutzerin Bärbel hingewiesen hat, die eben auch Deutschkurse anbieten, ehrenamtlich, in dem Fall in Ergänzung zu den staatlichen Angeboten. Auch das werden wir verlinken! Vielleicht kommen wir jetzt im Gespräch einmal zu dieser Frage: Was ist auch mittelfristig nötig? Kurzfristig, wir haben es gesagt, natürlich, Erstaufnahme, medizinische Betreuung, Unterbringung, warme Sachen für den Winter. Viele unserer Nutzer haben auch schon ein bisschen mittelfristig gedacht. Wie ist es eigentlich z.B. beim Stichwort Bildung, Ausbildung, Anerkennung von Berufsabschlüssen? Hans fragt z.B.: „Welche Möglichkeiten gibt es eigentlich, Abschlüsse aus der Heimat, oder Berufserfahrung, in Deutschland anerkennen zu lassen?“ Der Nutzer AF sagt: „Ich habe da eine kleine Firma und würde vielleicht auch Flüchtlinge einstellen. Wie geht das? Gibt es vielleicht Zuschüsse?“ Frau Niewiedzial, können Sie zu diesem Themenkomplex etwas sagen?

N: Ja, gerne! Es ist tatsächlich so, dass wir relativ schnell, und bei vielen Gruppen, wie z.B. den syrischen Kriegsflüchtlingen, geht es auch relativ schnell, mit Menschen zu tun haben, die einen festen Aufenthaltsstatus haben. Optimalerweise dann aus den Unterkünften nach drei Monaten, sechs Monaten ausziehen können, in eine Wohnung. Und dann ist natürlich schon die Frage der ganz normalen Integration, d.h.: Sprache, Arbeit, Bildung, Partizipation. Und Arbeit, das wissen wir eigentlich aus den Jahren, oder aus den vergangenen Jahrzehnten, ist sozusagen der Schlüssel zur Integration. Wir haben natürlich immer noch bürokratische Hürden! Die ersten drei Monate sind immer noch begrenzt, was Arbeitsaufnahme angeht. Gut, drei Monate vergehen schnell. Und dann ist trotzdem immer noch die Frage, wie wir unsere Institutionen für diese neue Zielgruppe öffnen. Haben wir tatsächlich Programme für die Geflüchteten? Wie kommen sie schnell in eine Ausbildung? Wie kann ein Arbeitgeber unterstützt werden, dass der Menschen einstellt? Es gibt Instrumente wie eine Einstiegsqualifizierung mit begleiteten Deutschkursen, sozusagen Fachdeutsch, in dem Fall. Es gibt, klar, Zuschüsse. Das wird sich natürlich zeigen, wie weit das reicht. Es ist immer noch am Aufbauen. Wir haben noch keine fertigen Programme. Trotzdem ist es mir wichtig, zu sagen, dass wir nichts jetzt Spezielles oder Sonderprogramme starten sollten, sondern einfach schauen müssen, dass wir unsere Instrumente, die bewährten Instrumente, die wir haben, einfach für diese Zielgruppe öffnen sollen. Weil, das bringt nichts, die zu stigmatisieren, indem man sagt: „Wir machen jetzt so ein bisschen Aktionismus auch, wir machen jetzt sozusagen hier Projekte für Flüchtlinge“, sondern es geht um langfristige Integration. D.h. wir müssen einfach schauen, dass die Institutionen einfach diese Zielgruppe präsent haben und ihre Maßnahmen öffnen.

M: Und noch einmal ganz konkret die Frage von Nutzer Hannes: „Wie lange müssen Flüchtlinge eigentlich hier sein, um hier arbeiten zu dürfen. Gibt es da eine feste Regel?“

N: Genau! Das sind immer noch diese ersten drei Monate. Es gibt Schwierigkeiten: Z.B. bei Aufnahme von Praktika muss die Ausländerbehörde immer Zustimmung dazu geben. Muss man sich natürlich auch fragen: Ist das notwendig? Das ist einfach ein bürokratischer Weg. Wenn es ihn nicht gäbe, würde es vielleicht auch schneller gehen. Wir wissen ja auch, mit der Masse an Leuten sind natürlich auch die Behörden überfordert. Da sind eben lange Wartezeiten. Da ist also ein Mensch, der möchte ein Praktikum machen. Und wenn es nun daran scheitert, weil die Ausländerbehörde eben keine Termine hat, die Erlaubnis zu erstellen, dann ist das schade! Gäbe es diese Formalien nicht, könnte man den Menschen sofort natürlich einen Praktikumsplatz anbieten. Dann muss man sich überlegen: Erleichterung, Bürokratieabbau ist an dieser Stelle ganz wichtig. Und ich glaube, wir lernen auch dazu.

S: Bei der Mittelfristigkeit: Das hört sich alles sehr schön und gut an, aber das Problem ist ja eigentlich, dass diese drei Monate gelten, wenn die Leute als Asylbewerber anerkannt sind. Aber, jetzt gucken wir uns einmal die Situation in Berlin an: Die Geflüchteten kommen an am LaGeSo und warten da im Durchschnitt 60 Tage, um überhaupt registriert zu werden. Das bedeutet nicht, dass das Verfahren schon angefangen hat. Manche Leute müssen zwei bis drei Jahre auf ihr Asylverfahren warten. Und dann sind sie anerkannte Asylbewerber, und dann gilt die Dreimonatsfrist. Und ich finde, bei der mittelfristigen Planung müsste man schon ein bisschen niedriger anfangen. Die Wartezeit, bis die Registrierung abgeschlossen wird, muss verkürzt werden! Und insbesondere ist es menschenunwürdig, dass die Leute eine Wartenummer ziehen, und Personen müssen 60 Tage jeden Tag zum LaGeSo fahren, stehen dort in Massen da und gucken auf so eine große Wartetafel und warten, dass ihre Wartenummer angezeigt wird! Ich finde, wir müssen bei der Problembewältigung ein bisschen niedriger ansetzen und das Problem erst einmal lösen, bevor dann natürlich die Arbeitsmöglichkeiten auch gegeben sein müssen!

M: Dazu passt, was Nutzer Karl schreibt. Er sagt: „Viele argumentieren, man müsse erst die deutsche Sprache lernen und könne dann in den Arbeitsmarkt vermittelt werden. Das ist doch Quatsch, man muss es parallel machen!“

N: Absolut! Ja!

M: Zustimmung?

N: Ja! Es gibt ganz viele Arbeitgeber, die sehr bereit sind, auch aufgrund des Fachkräftebedarfs, zu sagen: „Ich bin bereit, bei der Sprachprüfung vielleicht ein Auge zuzudrücken“, oder „Es muss vielleicht nicht alles in top Deutsch abgeschlossen werden. Der Praxisteil ist wichtiger und gar nicht der Berufsteil.“ Oder wir machen Module vielleicht in der Muttersprache. „Ich will, dass die Leute bei mir arbeiten!“ – und das höre ich immer wieder und es erstaunt mich, weil wir natürlich durch unsere Kammern und unser System und unsere Qualität natürlich immer wieder dann auch die Hürde so hoch setzen, dass diese Möglichkeit schneller Arbeitsaufnahme und Ausbildung dadurch behindert wird. Und Arbeitgeber wünschen sich das gar nicht. Die sind sehr pragmatisch. Die wollen ganz schnell, dass Leute in Arbeit kommen, weil sie wissen: Beide Seiten profitieren davon.

M: Sie werden von Sternschnuppe unterstützt, Frau Niewiedzial. Sternschnuppe schreibt: „Da Sie selbst eingewandert sind, überlassen Sie die derzeitigen Menschen nicht dem deutschen System, sonst werden auf Jahrzehnte Probleme geschaffen, die weder Flüchtlingen noch den Deutschen helfen.“ Das ist der Kommentar von Herr oder Frau Sternschnuppe. Es ist eine Menge los, unsere Nutzer schreiben relativ viel hier! Natürlich gibt es auch eine ganze Menge Zuschriften, die sich vor Problemen sorgen. Beispielsweise schreibt Nutzerin Karin: „Es gibt immer mehr Leute, die glauben, mit den vielen Flüchtlingen käme Kriminalität aller Art und speziell der radikale Islam nach Deutschland. Gibt es dafür eigentlich Zahlen oder Argumente, die diese Angst belegen könnten, oder vielleicht auch widerlegen könnten?“

S: Bezüglich der Kriminalität kann ich nur sagen: Da werden auch gezielt Informationen gestreut. Ich weiß, es gab jetzt einmal bei Facebook eine Stellungnahme von einem Supermarkt, die dann gesagt haben: „Nein! Es stimmt nicht, dass, nur weil jetzt ein Erstaufnahmelager bei uns in der Nähe aufgemacht wurde, plötzlich die Einbruchs- und Stehlraten plötzlich in die Höhe schnellen! Bzgl. der in den Unterkünften: Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn in diesem Raum jetzt jeder einen Quadratmeter hätte und hier noch 200 Leute mehr wären, dann würden wir uns wahrscheinlich irgendwann auch in die Haare kriegen! Das muss man sich vielleicht auch einmal ins Bewusstsein holen, wenn man sagt: „Oh, jetzt gab es da schon wieder eine Prügelei!“ Das ist auf engstem Raum. Die Menschen sind monatelang wirklich unter widrigsten Bedingungen nach Deutschland gekommen und da bräuchte man auch eine gewisse Toleranz und keine Panikmache, wo man jedes Wort glaubt!

M: Ihnen widerspricht allerdings Nutzer Sagichdoch, er schreibt: „Die Gewalt in den Flüchtlingsheimen zeigt doch, dass ein Zusammenleben gar nicht gelingen kann! Dieses Gerede von Multikulti ist doch nur eine Hoffnung. Die Realität beweist etwas anderes!“

N: Das Ziel von den Unterkünften ist ja nur, dass die Leute ein Dach über dem Kopf haben. Es ist ja nicht eine Lösung für eine lange Zeit! Das Ziel ist, dass die Leute ganz normal in Wohnungen ziehen und sich hier integrieren. Dass es in solchen, tatsächlich, Massenunterkünften zu Konflikten kommt, steht wirklich außer Frage. Und die Zunahme an Kriminalität, Diebstählen … Ich hatte gerade gestern auch jetzt im lokalen Zusammenhang eine Veranstaltung mit der Polizei und auch da wurde das Thema natürlich angesprochen. Die Polizei konnte uns das dann wirklich an keiner Stelle bestätigen. Die werten die Statistiken aus und sagen sich: „Hat jetzt in einem bestimmten Umfeld einer Unterkunft die Zahl der Einbrüche, der Diebstähle etc. zugenommen?“ Das ist statistisch nicht erwiesen! Natürlich muss man dazu sagen: Es wird ja auch in der Statistik nicht erfasst: Ist das jetzt ein Flüchtling, der jetzt gerade hier eine Anzeige bekommt? Aber es ist über die Jahre, sagte er, stabil, keine Auffälligkeiten! Und trotzdem muss man, glaube ich, die Ängste ernst nehmen von den Menschen, die sich da auch Sorgen machen. Man kann aber eigentlich nur mit Gegenargumenten arbeiten, indem man die Fakten auf den Tisch legt, die Polizei einlädt. Auch die Polizei ist an dieser Stelle sehr auskunfstwillig und sehr hilfsbereit. Und sie sind auch wirklich bereit zu einem Gespräch. Sie haben auch Präventionsbeauftragte, gehen dann wirklich auch in Einrichtungen, in Schulen, Seniorenheime, Nachbarschaftszentren und stehen da auch Frage und Antwort denjenigen, die sich Sorgen machen, und das ist, glaube ich, ganz wichtig, auf diese Fragen einzugehen und, auch wenn es sehr mühselig ist und kleinteilig, anders geht das nicht! Weil, das sind, glaube ich, ganz menschliche Gefühle. Es ist eine Ungewissheit, die da auch immer noch eine Rolle spielt, und die kann man im Prinzip nur nehmen, indem man sagt: „Ja, ich nehme deine Sorgen ernst! Ich kann dir aber zeigen, an der und der Stelle stimmt es nicht!“

M: Vielen Dank! Die Nutzerin hat nach Argumenten gefragt. Es gibt also auch ein paar Argumente gegen diese These, dass mit Geflüchteten die Kriminalität steigt. Auch eine relativ konkrete Frage kommt gerade hinein von Private Ryan. Er fragt bezüglich der Abtrennung von Flüchtlingen in Gruppen nach Religion, Ethnie oder Ähnlichem. „Wie ist denn da zur Zeit der Stand der Dinge in Berlin? „Ist es nicht sinnvoll, vor allem religiöse Eiferer aller Konfessionen auf ihre Plätze zu verweisen, auf welche Art auch immer, damit alle anderen ihre Ruhe haben?“ Wie ist das in Berlin?

N: Die Unterkünfte muss man sich so vorstellen: In einem Haus leben 250 Menschen, oder auch mehr, 350. Es gibt immer auch Personal, was sozusagen diese Heime, oder diese Unterkünfte führt. D.h. es gibt einen Leiter, es gibt Sozialarbeiter, Kinderbetreuer, Security. Und das sind Menschen, das kriege ich immer wieder mit, die ganz zentral sind, weil sie den Geflüchteten oder den Neuzuwanderern wirklich Deutschland erklären. Und die ganz klar, also jetzt gar nicht verklausuliert, oder bürokratisch oder politisch korrekt, sondern ganz direkt sagen: Was darf man, was darf man nicht. Du darfst deine Kinder nicht schlagen! Du musst das und jenes beachten! Du darfst keine Pampers in die Toilette schmeißen! Oder was auch immer gerade so praktisch los ist. Und die gehen auch sehr pragmatisch mit Konflikten um und schauen schon, dass bestimmte Leute nicht auf einem Gang sind, oder dass Geflüghtete Frauen, die einzeln gereist sind, jetzt nicht unter Männern ein Zimmer haben, sondern vielleicht einen separaten Gang, dass man Kinder … Diese ganzen Sachen werden schon berücksichtigt! Aber es gibt keine ideologische Vorgabe, dass man sagt: „Ok, die Ethnien werden jetzt getrennt!“ Sondern man schaut so ein bisschen, dass man das Haus in einem friedlichen Miteinander führt. Das ist die Aufgabe dieser Heimbetreiber. Und ich finde, die machen es sehr gut. Denn die Konflikte, die wir so hören, sind, glaube ich, Einzelfälle!

S: Darf ich dann noch einmal kurz einhaken? Ich gebe Ihnen in bestimmten Punkten Recht. Aber ich finde, wir müssen auch ein bisschen aufpassen auf das Wir und Die, dass das so entsteht. Das ist auch eine Form von Alltagsrassismus, dass Helfende dann meinen, und Hauptamtliche und alle, die Geflüchtete unterstützen und dann sagen: „Hier in Deutschland, wir machen alles besser als ihr! Wir machen das hier so und so!“ Wenn ich dann lese, dass in Bayern in einer Stadt Verhaltensregeln ausgeteilt werden … Ich finde, da muss man auch ein bisschen aufpassen. Wir machen auch nicht alles besser und wir müssen auch nicht alles, was wir meinen, was besser ist, anderen Personen aufdrücken! Ich finde, da muss man aufeinander zugehen, da muss ein Miteinander entstehen und da muss man nicht mit dem Finger auf andere zeigen und sagen: „Die Toilette benutzt man übrigens so und so!“ und „Mit deiner Frau musst du so und so umgehen!“. Das gehört auch zu Freiheit dazu, dass die Menschen so leben können, wie sie das möchten!

M: Dazu passt ganz gut, was Private Ryan geschrieben hat: „Schön, dass hier alle über die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt reden. Menschenrechte und Rechte als Asylsuchende haben diese Leute aber von vornherein. Inwieweit ist dafür gesorgt, dass sie für den täglichen Bedarf genügend Geld haben und nicht auf die herablassende Hilfeleistung oder ähnliches von Helferinnen dauerhaft angewiesen sind?“ Also, Frage auch nach der Möglichkeit, mehr Eigenverantwortung für Flüchtlinge zu ermöglichen. Frau Niewiedzial, sie nicken schon …

N: Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt! Das fällt mir immer wieder auf, wenn ich mit Migranten-Selbstorganisationen spreche, die seit Jahren hier sind. Die stört so ein bisschen genau dieser Zugang der Ehrenamtlichen zu dem Thema, weil sie sehen, dass man sehr stark sozusagen dieses Rollenverhältnis hat. Die Flüchtlinge sind hilfsbedürftig und wir helfen ihnen. Ich glaube, dass wir auch immer wieder darauf schauen müssen, auf Augenhöhe miteinander zu sprechen, auch Projekte oder Initiativen mit den Geflüchteten zu machen, wo ihre Stärken herauskommen, auch wenn sie in der Unterkunft sind. Sie haben eine Vergangenheit, sie kommen irgendwo her, sie haben etwas gemacht. Und die Aufgabe muss darin bestehen, das herauszukitzeln, was die Leute eigentlich für Potentiale haben und die auch versuchen einzubinden. Ein ganz konkretes Beispiel: Wir hatten einmal mit der Kunsthochschule Weißensee einmal ein Projekt gemacht, da wurden Geflüchtete zu Kaffee und Begegnung usw. eingeladen. Und dann stellte sich heraus, dass eben eine Frau, verschiedene andere auch, aber eine Frau konnte eine bestimmte Technik des Teppichwebens. Da sind natürlich die Kunststudentinnen aus Weißensee alle wahnsinnig neugierig gewesen! Und dann wurde ein Workshop organisiert, wo diese geflüchtete Frau ihnen beibrachte, wie man diese spezielle Technik anwendet. Und das ist ja nur ein Beispiel dafür, dass man viel stärker noch einmal gucken muss, was bringen die Leute mit, einfach auch, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken – das Thema ist natürlich komplex! Das ist ein wichtiger Aspekt! Trotzdem wünschen sich Menschen, die jetzt von außen kommen, natürlich eine Erstorientierung! Es gibt eine super Seite, die heißt Refugee Guide, von einer Hamburger Initiative erstellt, wo wirklich auch noch unter kulturellen Aspekten ein paar Sachen aufgezählt sind, Verhaltensregeln oder bestimmte Konventionen, die wir so haben: Wie unsere Supermärkte aufhaben, … Also wirklich, das fängt bei simplen Sachen an: „Ich brauche ein Ticket“, oder „Wo stemple ich mein Ticket ab? Wo ist eine Karte, damit ich mich in einer Stadt bewegen kann?“ Ich muss wissen, wenn der Supermarkt um 16.00 Uhr zumacht, dann ist der wirklich zu, also nicht später usw. Man muss unterscheiden. Es geht ja nicht darum, zu sagen: „Die haben eine Freiheit, so zu leben wie sie möchten“, sondern es geht um das friedlich Miteinander. Man muss also beider Interessen auch berücksichtigen. Und ich glaube, das ist immer eine Balance und immer eine Austarierung, aber ich glaube, das kommt dann immer wieder auch in den Kommentaren: „Ja, das ist ja … Irgendwie leben wir hier und die kommen zu uns …“. Und ich glaube, die Begegnung und das Gespräch und das Austarieren ist wichtig. Aber von vorn herein zu sagen: „So, das, was wir ganz lange gemacht haben, ja, jeder kann hier machen, was er will!“, das ist vorbei.

M: Eine Frage vielleicht noch einmal ganz kurz, bevor Sie gleich antworten. Haben Sie das in Kreuzberg auch diskutiert? Sie heißen ja auch Kreuzberg hilft, wenn jetzt der Nutzer sagt: „Dieses immer ‚Wir helfen‘, das ist keine Augenhöhe!“ Haben Sie über so etwas auch gesprochen bei der Namensgebung?

S: Kreuzberg hilft hat den Namen, weil es einfach schon sehr viele andere Initiativen und Gruppierungen gibt, die auch so heißen. Moabit hilft! gibt es seit 2013.

N: Genau! „Pankow hilft!“, „Hellersdorf hilft“.

S: Darüber haben wir auch vorhin geredet: „Pankow hilft!“ gibt es auch schon länger. Das ist so ein bisschen der Ursprung. Aber noch einmal zu den menschenunwürdigen Situationen: Natürlich ist das menschenunwürdig! Die Leute kommen nach Berlin – ich sage jetzt einmal das Beispiel Berlin – fahren zu dem Landesamt, stehen 60 Tage in der Schlange bis ihre Unterlagen entgegengenommen werden. Dann gibt es von staatlicher Seite nicht genügend Unterstützung. Und dann kommt es zu dieser menschenunwürdigen Situation, dass Personen darauf angewiesen sind, dass Ehrenamtliche kommen und ihnen Dinge wie Duschgel, Kleidung überreichen, Essen. Das ist nicht die Aufgabe von Ehrenamtlichen! Sie machen das aber, weil, meiner Meinung nach, der Berliner Senat seine Aufgabe nicht wahrnimmt! Und da, finde ich schon, muss man auch vielleicht noch einmal darüber reden: Das LaGeSo, die Registrierungsstelle wird aufrecht erhalten, weil da Hunderte von Ehrenamtlichen ein System aufgebaut haben. Ohne die würde das System zusammenbrechen! Und jetzt schreibt Moabit hilft! einen offenen Brief, der abgedruckt wird, Samstag ist eine Demo, um auf sich aufmerksam zu machen. Und insbesondere der Innensenator ist nicht dazu bereit, das Gespräch mit den Ehrenamtlichen zu suchen, macht aber auf der anderen Seite auch nichts, um die Situation zu ändern! Und ich finde, da ist jetzt schon auch einmal die Berliner Politik gefragt, auf die Ehrenamtlichen und natürlich insbesondere auf die Geflüchteten zuzugehen und zu fragen: „Was können wir machen?“ Ich kann Ihnen fünf Personen nennen, die könnten Herrn Henkel sofort erklären, was er alles mit total leichten Dingen anders machen könnte! Aber es ist keine Bereitschaft da, darüber zu sprechen! Ich will jetzt nicht sagen „Es ist alles total einfach und wir könnten sofort die politische Lage lösen“, das nicht! Aber wenn mal ein bisschen Bereitschaft da wäre, könnte man das auf jeden Fall ändern.

M: Also, da muss ich aber wirklich etwas sagen! Ich gebe Ihnen Recht, das System, jetzt gerade auch in Berlin, ist ohne Ehrenamtliche im Moment nicht aufrecht zu erhalten. Wir müssen aber uns noch einmal vor Augen führen, vor welcher Situation wir stehen! Wir haben jeden Tag – und zwar die letzten sechs, acht Wochen – bis zu 1000 Menschen, die nach Berlin kommen. Jeden Tag macht eine Unterkunft auf. Wir kriegen, Beispiel Pankow, einen Anruf mitten am Tag: „Habt Ihr eine Unterkunft oder habt Ihr eine Liegenschaft, die wir besetzen können, beschlagnahmen können?“ Im Moment haben wir eigentlich nur noch Sporthallen, die zur Verfügung stehen, Schulsporthallen. Dann wird eine Begehung gemacht. Da guckt sich das LaGeSo mit Mitarbeitern des Bezirksamtes das an, eine Stunde später kommt die Bundeswehr, baut sozusagen diese Halle um, und zwei Stunden später kommen die Flüchtlinge, die vorm LaGeSo tatsächlich einen ganzen Tag da standen und ziehen da ein. D.h. diese Situation, dass immer jeden Tag neue Flüchtlinge kommen, ist natürlich eine Extremsituation, ist eigentlich ein Notfall, ist eine Katastrophensituation! Und dass der Staat nicht in der Lage ist, kurzfristig flexibel darauf zu reagieren, ist tatsächlich ein Riesenproblem! Eigentlich kann man sich nicht oft genug bei den ehrenamtlichen Unterstützern dafür bedanken, wie sie im Prinzip das Ganze noch irgendwie einigermaßen erträglich – also eigentlich, „erträglich“ kann man gar nicht mehr sagen, aber – mir fehlt irgendwie das Wort dafür, wie, wenn man vor dem LaGeSo tatsächlich auch einmal war, die Situation beschreibt! Ohne Helfer würde es nicht gehen! Wir haben jetzt, zumindest ist das der Plan, eine Idee in Berlin, wie wir das anders regeln, wie wir das ganze Registrierungssystem verändern, wie wir bestimmte Institutionen, also auch das Bundesamt für Migration – das sind ja auch Landesaufgaben, Bundesaufgaben, verschiedene Akteure spielen natürlich bei dieser Registrierung und bei diesem Asylverfahren eine Rolle – wie man das zusammenbringt, vielleicht ja auch in einem Gebäude unterbringt, die Leute auch versorgt vor dem Hintergrund des Winters, auch Wartehallen drinnen organisiert! Wir müssen jetzt gucken, wie sich das verändert! Der Umzug oder sozusagen der Umbau der Registrierung ist für den 15. Oktober geplant, dann können wir sprechen. Aber, ich gebe Ihnen natürlich Recht: Das ist im Moment eine ganz ganz schlimme Situation!

S: Dazu habe ich noch zwei Punkte: Ein Vorschlag, den insbesondere Moabit hilft! und viele andere Ehrenamtliche schon lange machen, ist, mobile Registrierungsteams einzuführen, dass sie zu den Notunterkünften hingehen und dort die Registrierung machen. D.h. man hätte diese Wartesituation vor dem LaGeSo nicht mehr! Man müsste die Leute nicht in Bussen hin- und herkarren wie bei so einem Schulausflug, man könnte das vor Ort machen! Und das ist also aus meinem Verständnis wirklich eine Sache, die ich nicht verstehen kann, warum man die nicht umsetzt! Das ist so einfach umzusetzen! Und eine zweite Sache: Ja, es kommen jeden Tag 1000 Flüchtlinge! Aber die kommen auch nicht seit gestern! Die Situation vor dem LaGeSo ist … Also, ich habe sie das erste Mal in den Nachrichten mitbekommen, im Sommer. Das sind jetzt vier Monate!

N: Nein, das hat sich extrem zugespitzt, die Situation!

S: Doch! Im Sommer hat das angefangen, dass da nicht genügend Getränke waren. Da hat es angefangen, dass die Ehrenamtlichen hingefahren sind und den Flüchtlingen Getränke gegeben haben. So hat das angefangen. Wir haben diese Prognosen, wie hoch die Flüchtlingszahlen sind, entschuldigen Sie, wenn ich das so sagen muss, also, die sind alt. Wir sprechen schon seit Wochen darüber, dass 800 000, 1 Millionen, 1,5 Millionen, da schwirren ja lauter Zahlen im Raum! Aber auf jeden Fall wissen wir, die werden sich verdoppeln, verdreifachen und das wissen wir nicht erst seit wenigen Wochen. Man hätte zu diesem Zeitpunkt evaluieren können: „Welche Unterkünfte oder welche Sporthallen oder was auch immer, können wir umwandeln?“ Man hätte das auch schon ein bisschen besser vorbereiten können. Und da, finde ich ehrlich gesagt, hat die Berliner Politik ein bisschen versagt!

M: Unser sehr aktiver Nutzer Private Ryan, er schaltet sich noch einmal ein in diese Debatte um das Verhältniss von ehrenamtlicher und hauptamtlicher Arbeit und hat an dieser Stelle vollen Respekt für die Ehrenamtlichen, die in Ersetzung des Staats, beziehungsweise des Sozialstaates, grundlegende Strukturen aufbauen und er schlägt vor, „Vielleicht könnte man als ehrenamtliche Initiative einmal eine symbolische Rechnung an den Staat schicken, einmal gucken, was passiert?“

S: (Gelächter) Das ist eine sehr gute Idee!

M: Dazu passt noch eine Bemerkung von Herbst, der kommt jetzt einmal weg von der Berliner Ebene und beginnt mit der Bundeskanzlerin. Er oder sie schreibt: „Frau Merkel macht wie eigentlich die meisten Politiker im Moment einen planlosen Eindruck auf mich! Ich glaube, das beunruhigt die Menschen sehr! Bürgerinitiativen können die Probleme vielleicht etwas dämpfen, aber die Probleme liegen doch ganz woanders. Soll das das Modell für die Zukunft sein und die Antwort auf die ankommenden Flüchtlinge? Wie ist es eigentlich mit so einer mittelfristigen Perspektive?“

N: Ja, da sind wir, glaube ich, alle so ein bisschen überfragt! Ich glaube, was wir lernen müssen, ist, mit diesen Krisen und mit diesen unvorhergesehenen Situationen etwas flexibler umzugehen! Wir müssen einfach uns daran gewöhnen, dass solche Ausnahmen kommen und natürlich unsere Systeme entsprechend anpassen! Es wäre jetzt wirklich naiv, zu sagen: „Ich habe den Plan!“ und es wäre auch naiv zu sagen: „Ich weiß, wie es weitergeht!“ Das weiß, glaube ich, im Moment niemand!

S: Ich muss dazu sagen: In welche Richtung das gerade geht, finde ich vollkommen falsch! Man merkt, es kommen sehr viel mehr Geflüchtete. Und was macht man als erstes oder insbesondere heute? Man verschärft das Asylgesetz! Man führt ein, dass die Personen statt drei Monate, sechs Monate in den Erstaufnahmeinrichtungen bleiben müssen, damit man sie leichter abschieben kann. Jetzt reden wir aber die ganze Zeit davon: „Oh, es kommen so viele und die Flüchtlingsunterkünfte sind voll!“ Ja, aber warum erhöht man dann die Aufenthaltsdauer in den Erstaufnahmeeinrichtung? Das ist reine Symbolpolitik, die einfach nicht zielführend ist! Und ich bin da ehrlich gesagt auch ein bisschen ratlos, was da politisch gemacht wird und kann das nicht nachvollziehen!

N: Ich glaube, wirklich ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir sozusagen noch einmal einen ganzheitlichen Blick darauf werfen müssen! Die Unterstützergruppen sind tatsächlich diejenigen, die helfen. Es gibt ganz viel Unterstützung innerhalb der Bevölkerung. Aber es gibt auch die anderen Stimmen! Es gibt Leute, die Angst haben, es gibt Leute, die demonstrieren gehen und Parteien oder auch Bewegungen kriegen natürlich Zuspruch. Und die Politik, also, wenn man das so allgemein sagen darf, muss natürlich aufpassen, dass ihnen da nicht auch eine Situation passiert, dass A, die Ehrenamtlichen alle ausgebrannt sind und frustriert, weil sie eben zu sehr die staatlichen Aufgaben übernehmen müssen, weil sozusagen wir gar nicht mehr hinterherkommen, die Situation selbst unter Kontrolle zu kriegen. Und die anderen in der Bevölkerung, die eher skeptisch dem ganzen Thema gegenüberstehen, ein politisches Forum oder eine Plattform bekommen, wo sie sich dann auch viel stärker organisieren können. Ich finde, dass es schon wichtig ist, noch einmal immer diesen ganzheitliche Blick zu haben! Natürlich, sie können immer für eine Seite argumentieren. Aber die Politik, oder, wenn hier Frau Merkel genannt wird, glaube ich, muss schauen, dass sie die gesamte Bevölkerung da abholt und auch mit solchen restriktiven Maßnahmen, wie auch immer man sie bewertet und ob sie etwas bringen! Das ist schon einmal ein Signal: „Ich mache etwas!“

S: Aber, meiner Meinung nach sind Dinge wie Residenzpflicht wieder einführen, Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen erhöhen, sichere Herkunfststaaten einführen … Das nimmt niemandem irgendeine Angst meiner Meinung nach. Ich glaube nicht, dass jetzt irgendwer, die Gedanken kann ich nicht nachvollziehen, aber wenn jetzt jemand sehr skeptisch ist, dann wird er jetzt nicht sagen: „Ach, ja! Jetzt bleiben sie ja sechs Monate in der Unterkunft, dann habe ich jetzt nicht mehr so viel Angst. „

N: Diese sechs Monate haben eigentlich einen anderen inhaltlichen Grund. Vor allem für Flächenländer, die natürlich ein enormes Problem haben, die Leute irgendwie in Erstaufnahmeinrichtung zu bringen und dann in eine Gemeinschaftsunterkunft. Und dann stellt sich auch heraus, sie haben eigentlich gar keinen Anspruch auf Asyl! Und dann müssen sie wieder nach Hause geschickt werden! Das ist logistisch einfach ein irrsinniger Aufwand! Wenn man aber von vornherein sagt: „Die bleiben in einer Einrichtung. Es wird relativ schnell geprüft, kriegen hier eine Erlaubnis zu bleiben oder nicht“, um dann zu sagen: „Ok, sie müssen wieder zurück.“ – Ist das eine Vereinfachung? Ich glaube, das ist der Hintergrund von dieser sechsmonatigen …

S: Ja, aber ich finde, man muss ein bisschen aufpassen, dass man nicht jetzt alles in einen Topf wirft! Da sind die Ehrenamtlichen, die muss man unterstützen, indem man hauptamtliche Stellen schafft, die die Ehrenamtlichen koordinieren. Dann gibt es die Leute, die skeptisch sind und Angst haben. Da muss man Aufklärungsarbeit betreiben, da müsste man Programme auflegen und dafür Gelder zur Verfügung stellen, die eine gewisse politische Aufklärungsarbeit in Schulen, in Stiftungen, wo auch immer, betreiben. Aber, diese gesetzlichen Veränderungen, und das haben Sie ja jetzt gerade gesagt, die haben meiner Meinung nach nichts mit der Aufklärung oder mit der Beruhigung von Skeptikern zu tun, das sind für mich zwei unterschiedliche Schuhe!

M: Frau Scharfenbach und Frau Niewiedzial sind in der intensiven Debatte. Das ist SagWas – Eine neue Debattenkultur! Ich muss trotzdem einmal die Nutzer hier wieder zurück ins Spiel bringen, die weiter aktiv posten. Frau Niewiedzial, sie hatten gerade gesagt, es gibt eben auch auf der einen Seite viel Engagement für Geflüchtete, auf der anderen Seite auch Leute, die Sorgen haben. Steuerzahler schreibt: „Ich habe gehört, dass nun sogar die Steuern erhöht werden sollen, um mit den Flüchtlingen umgehen zu können. Sollten wir nicht einfach die Aufnahmen begrenzen und definieren, wie viele wir überhaupt noch aufnehmen können?“

N: Wie bei dem anderen Thema auch: Bei diesen großen Fragen würde ich mich da gerne zurückhalten, weil ich natürlich keine Lösung habe. Zumindest unsere Gesetze erlauben keine Begrenzung. Was Steuererhöhung angeht, habe ich jetzt nichts vernommen, wo tatsächlich jetzt so etwas ansteht. Perspektivisch sind wir doch eigentlich froh, dass diese Menschen kommen. Wir haben eigentlich in den letzten Jahren immer davon gesprochen, dass unsere demografische Situation schwierig ist. Wir brauchen Nachwuchs, wir brauchen auch gerade diese Menschen im mittleren Alter auch mit Familien. Wir wissen aber, dass die natürlich nicht sofort alle in den Arbeitsmarkt kommen. Aber perspektivisch ist dies natürlich das Ziel. Die Frage des Arbeitsmarktes, ob nun drei Monate oder nicht, glaube ich, ist jetzt an der Stelle zweitrangig. Wichtig ist, dass die in der Gesellschaft ankommen und dass spätestens in, ich weiß es nicht, einem Jahr, zwei Jahren, drei Jahren, tatsächlich eine Arbeit da ist. Das ist, glaube ich, die Perspektive, an der wir uns orientieren müssen. Überhaupt müssen wir gucken, welche Chancen wir, glaube ich, mit diesem Thema haben und weniger, welche Probleme, weil uns das auch gar nichts bringt als Strategie. Auch in meiner Arbeit: Wenn ich jetzt den ganzen Tag sitzen würde, und denken würde: „Oh mein Gott! Wie machen wir das?“, dann könnte ich gleich nach Hause gehen. Die Frage ist: Wie kriege ich das Problem gelöst?

M: Siri schreibt direkt dazu: „Warum war dann bis vor kurzem kein Geld für Schulen, Lehrer, Polizeibeamte usw. da? Irgendwie ist es merkwürdig, dass man in der Vergangenheit ständig zu hören bekam, dass kein Geld vorhanden ist! Auch das wäre nämlich eine Investition in die Zukunft gewesen, wenn man etwas mehr Geld für die Zukunft unserer Kinder übrig gehabt hätte!“ – nur als Ergänzung zu dem!

S: Aber dazu noch einen Punkt: Wir reden jetzt viel über Berlin. Es gibt aber auch einen ein bisschen ländlicheren Raum. Ich weiß aus meiner Heimat in Bayern, sehr ländlich, da sollten Schulen zumachen, weil zu wenig Kinder da waren. Jetzt wurde da eine Erstaufnahmeeinrichtung eröffnet, jetzt sind neue Kinder dazugekommen, die Schulen bleiben geöffnet. Wie schon gesagt wurde, wir leiden unter demografischem Wandel, unter Fachkräftemangel. Uns tut das vielleicht auch ganz gut, wenn Personen kommen, das macht uns ein bisschen bunter und vielfältiger und auch mehr. Und ich finde, dass sollte man auch einmal sehen und vielleicht ein bisschen von den negativen Aspekten wegkommen.

M: Es gab mehrere Fragen, die in der Zwischenzeit eingegangen sind noch einmal zu dem Punkt: Wie sieht das eigentlich mit den Heimen aus? Vielleicht können wir zwei Fragen hier einmal zusammennehmen. Die eine ganz konkrete Frage war: „Wie lange bleiben die Menschen jetzt eigentlich in den Heimen?“ Wir haben jetzt mehrfach von drei Monaten, sechs Monaten gesprochen. Das hat einen unserer Nutzer, glaube ich, ein wenig verwirrt! „Wie sieht das eigentlich aus?“ Und die zweite Frage von Jörg vielleicht direkt an Sie auch, Frau Scharfenberg: „Wie empfinden es denn die Flüchtlinge in den Heimen eigentlich? Können Sie etwas über die Stimmung dort sagen?“

S: Zu den drei Monaten, sechs Monaten: Im Moment sind das drei Monate. Wir hatten ja vorhin schon darüber gesprochen, dass die Asylverfahren sehr langsam erst abgeschlossen sind. Es ist aber heute im Bundestag verabschiedet worden und wird morgen im Bundesrat verabschiedet, dass es eben angehoben werden soll, noch einmal zum Verständnis. Wie ist die Stimmung in den Unterkünften? Ich muss sagen – klar, die Leute haben einen sehr beschwerlichen Weg hinter sich und sind viele auch traumatisiert – aber ich kann das jetzt nicht bestätigen, dass sich da alle die Köpfe einhauen und es nur Schlägereien gibt, eher im Gegenteil. Da entwickelt sich ja dann auch irgendwie so ein Gruppengefühl. Die Personen sind auch motiviert, die wollen ja was machen. Davon muss man ja auch einmal wegkommen, dass man sagt: „Da sitzen die jetzt irgendwie auf einem Haufen und drehen Däumchen und wollen nicht arbeiten.“ Nee, nee, so ist das nicht! Die wollen ja etwas machen, können aber aufgrund des bürokratischen Wegs das nicht schnell machen. Die sind total motiviert, die wollen helfen, aber sie können nicht, weil sie einfach in den bürokratischen Verfahren festsitzen und das ist eigentlich das Problem!

M: Dazu passt, bevor Sie gleich dran sind, die Frage von Nutzer Jens. Er schreibt: „Ich habe einen Freund, der ist Flüchtling und fühlt sich gar nicht wohl in seiner Unterkunft. Gibt es eine Möglichkeit, einen Heimwechsel zu beantragen und wenn ja, wo?“

N: Man kann das machen, ja! Vielleicht noch einmal so ganz kurz skizziert, wie das aussieht. Normalerweise kommen die Menschen nach Deutschland und müssen registriert werden. Wir haben jetzt mit der Situation in Ungarn tatsächlich diese Realität, dass viele Leute Probleme haben, überhaupt mit dieser Registrierung. Dann kommen sie in sogenannte Notunterkünfte, um überhaupt registriert zu werden. Das sind wirklich ganz schnell geschaffene Unterkünfte. Die müssen dann möglichst schnell registriert werden. Wenn sie registriert sind, kommen sie in sogenannte Erstaufnahmestellen, oder Ersteinrichtungen. Dort müssen sie gesetzlich festgeschrieben drei Monate verbleiben. Und dann stellen sie einen Asylantrag, melden sich an beim Bürgeramt, schicken ihre Kinder in die Schule. Dann gibt es eben die Ehrenamtlichen, die vielleicht Deutschkurse anbieten oder sie gehen in eine Volkshochschule und lernen Deutsch. Es gibt also diese Phase der Erstorientierung. Nach diesen drei Monaten ziehen sie dann in eine Gemeinschaftsunterkunft, optimalerweise ist dann auch schon beschieden, ob dem Asylantrag stattgegeben wurde. Dann haben sie einen festen Aufenthaltstitel für drei Jahre, für zwei Jahre, je nachdem. Und dann können sie im Prinzip ganz normal wie andere Zuwanderer auch, sich eine Arbeit suchen, in eine Wohnung ziehen, partizipieren im weitesten Sinne. Und dieses System, so wie jetzt gerade beschrieben, ist sozusagen der Idealfall. Wir weichen natürlich jetzt gerade auch wirklich immer wieder davon ab, weil A, z.B. jetzt in Berlin gar keine Wohnungen zur Verfügung stehen. Klammer auf: Ich muss sagen, dass es eine ganz große Bereitschaft gibt von einzelnen Personen, die z.B. auch uns anrufen und sagen: „Ich habe eine Wohnung! Ich würde die gerne für Flüchtlingsfamilien vermieten! Bringen Sie uns mit denen zusammen!“ – diese Fälle gibt es auch. Grundsätzlich haben wir aber natürlich günstigen Wohnraum in Berlin gerade nicht so vorhanden, dass sie alle in Wohnungen ziehen. D.h. sie verbleiben zum Teil in diesen Gemeinschafstunterkünften länger. Das muss man sich vorstellen wie ein einfaches Hotel. Es gibt Gemeinschaftsräume, es gibt Zimmer, wo die Familien dann leben, es gibt Gemeinschaftsküchen, wo gekocht wird, Kinderaufenthaltszimmer. Und wir regen auch immer an, dass die Initiativen die Leute möglichst aus diesen Unterkünften herausnehmen, also jetzt keine Angebote in den Unterkünften organisieren, sondern, dass Sportvereine kommen und sie in Sporthallen nehmen, dass Ehrenamtliche, was weiß ich, Dampferfahrten mit denen machen, ins Theater sie nehmen, in die Musikschulen – also, wirklich noch einmal raus, ja, Freizeiteinrichtung. Und die Ehrenamtlichen, dadurch, dass sie natürlich diesen Kontakt haben, besitzen eine gute Sensorik dafür, ob es z.B. in einer Unterkunft Probleme gibt, die Security streng ist, oder der Heimleiter irgendwelche Auflagen macht, oder Leute tatsächlich gemobbt werden, oder wie auch immer. Es gibt eine Aufsichtsbehörde. Man kann das natürlich immer melden, wenn derjenige sagt: „Ich fühle mich da nicht wohl!“ und sachliche Gründe hat, kann man auf jeden Fall das melden. Weil, vielleicht geht es nicht nur ihm so, sondern auch anderen. Man kann dies aber auch unbegründet: Ich möchte in eine andere Unterkunft! Da muss man aber natürlich schauen: Gibt es woanders Platz? Man muss sich kümmern, vielleicht kann der Ehrenamtliche ihm dann auch helfen. Das kann man natürlich auch machen!

M: Man liest in der Zeitung immer wieder auch davon, dass Flüchtlinge von Familien privat aufgenommen werden. Unsere Nutzerin Cherry fragt: „Gibt es dafür eigentlich irgendeine finanzielle Unterstützung, wenn ich das tue?“

N: Ja! Ja, die gibt es! Muss man so ein bisschen unterscheiden, oder nicht unterscheiden: Man kann natürlich die Leute zur Untermiete bei sich wohnen lassen und einfach mit dem Jobcenter, weil irgendwann einmal auch die soziale Unterstützung über die Jobcenter geregelt ist, die Mietvereinbarung dann machen.

S: Es gibt auch für WG-Zimmer eine Online-Börse. Es kommt häufig vor: Jemand studiert im Ausland für ein Semester, oder macht ein Praxissemester, da kann man auch kurzfristig ein WG-Zimmer anbieten. Da kann man auf jeden Fall auch als Student aktiv werden.

M: Und unser Nutzer Christoph schreibt, er habe bereits eine Familie aufgenommen und er stehe jetzt vor der Herausforderung, dass eben Teile dieser Familie Analphabeten seien. Und deswegen sei ihnen nicht geholfen, wenn sie tolle Formulare bekämen, die sie ausfüllen sollen. Gibt es dafür auch Hilfsangebote, jemanden, an den sich jetzt Christoph und die bei ihm Wohnenden wenden können?

N: Es gibt auch bei diesen Deutschkursen tatsächlich immer wieder die Feststellung, dass Menschen gar nicht in unserer Schrift schreiben und lesen können. Analphabeten ist sozusagen, auch für die Menschen definiert, die schon schreiben und lesen können, aber nicht in unserer Schrift, und da gibt es schon eine Sensibilisierung, dass viele Kurse sich um Alphabetisierung kümmern. Weil, man kann natürlich nichts anderes machen, als den Leuten das beizubringen.

M: Ich will nicht verschweigen, dass immer wieder auch viel Unterstützung hier hineinkommt von unseren Nutzern. „Weiter so!“, schreibt Edward: „Toll, „dass es bei all den Missständen Menschen gibt, die anpacken und Lösungen schaffen. Es wird zwar noch dauern, aber wir schaffen das!“ Und der Nutzer OneWorld schreibt: „Es ist doch einfach so, dass viele Leute gar keine Ahnung haben, was es bedeutet, in einem Land fremd zu sein, als Ausländer, Flüchtling oder Fremder bezeichnet zu werden. Ich rechne es allen hoch an, oder ich rechne es Frau Merkel und allen anderen hoch an, dass sie bisher keine einfachen Antworten gegeben hat, obwohl alle danach schreien!“ Also, immer wieder gibt es auch viel Unterstützung hier. Noch einmal eine ganz andere Frage ist schon seit etwas längerer Zeit hineingekommen, noch einmal mit der Perspektive auf eine langfristige Integration. Nutzer Serafin fragt: „Brauchen wir eigentlich einen einfacheren Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft für Geflüchtete?“ Wie sehen Sie denn das?

N: Meine persönliche Meinung ist: Ja, brauchen wir! Aber das ist gerade nicht unser dringendstes Problem, sondern wir müssen jetzt erst einmal lösen: Wie kriegen wir die Leute schneller aus dem Registrierungsverfahren raus, aus dem Asylverfahren? Und wenn sie dann angekommen sind, dann kann man vielleicht darüber auch noch einmal diskutieren. Aber, da muss man halt auch noch einmal hinterfragen, ob die Personen das wollen. Das ist das, was ich vorhin auch schon angesprochen habe: Vielleicht wollen die Leute das auch gar nicht. Auf der anderen Seite finde ich natürlich schon, dass der Zugang erleichtert werden müsste. Wir hatten ja eine große Debatte über die doppelte Staatsbürgerschaft insbesondere bei türkischen Migrantinnen und Migranten. Da, finde ich, kann man die Debatte auf jeden Fall noch weiter führen und das noch weiter öffnen. Aber, ich finde, das hat jetzt per se nicht erste Priorität!

N: Also, die Umfragen sagen: Viele Menschen, die tatsächlich jetzt zu uns kommen, wollen auch hier bleiben – nicht alle. Aber wenn das Interesse daran besteht hier zu bleiben, muss natürlich die Frage der Partizipation eine ganz zentrale sein. Und die Partizipation äußert sich z.B. dann auch in der Frage: Wie kann ich mich politisch engagieren und partizipieren? Und leider ist es tatsächlich so, dass es natürlich an eine Staatsbürgerschaft gebunden ist und deswegen ist es schon wichtig, die Frage zu stellen, und natürlich die Zugänge zu erleichtern. Gar nicht, glaube ich, die Zugänge, sondern einfach auch die Information und Sensibilisierung in diesem Bereich. Ich meine, im Moment ist es schon auch möglich, nach sechs, acht Jahren eine Staatsbürgerschaft zu beantragen, viele machen es nicht, weil sie es nicht wissen. Viele finden sich auch ein bisschen schikaniert, weil man diesen Einbürgerungskurs machen muss, usw. Ich glaube, da könnten wir auch noch einmal im Sinne der Willkommenskultur, einmal bisschen auch die Schwelle heruntersetzen und eher einladend sein, als dass man abwehrt – ein bisschen kommt es auf unsere Haltung dazu an.

M: Es gibt noch etliche Fragen, die sich mit spezifischen Berliner Sachen beschäftigen. Ich bitte um Verständnis, dass wir die nicht alle hier noch ausdiskutieren können, sind ja auch nicht alle unsere Zuschauer aus Berlin. Aber eine Frage ist noch ganz konkret und, ich glaube, auch schnell zu beantworten. Friede fragt: „Können Kinder von Flüchtlingsfamilien eigentlich zu Schule gehen?“

N: Ja, es gibt Schulpflicht. Die ist jetzt so nicht definiert als wirklich gesetzliche Pflicht, aber Berlin setzt das so um und versteht das auch wirklich auch als Pflicht. D.h. alle Kinder kommen in die Schule! Wenn der Nutzer vielleicht gleich noch einmal nachfragt: „Aber ist gar nicht so!“, dann muss man natürlich erklärend dazu sagen: Auch das ist eine logistische Herausforderung! Die Menschen, ich habe gerade beschrieben, wie die Unterkunftssituation ist, wie von einer Unterkunft in die andere gezogen werden muss. D.h. also auch, möglicherweise lebt der Mensch in Zehlendorf, dann kommt er nach Pankow. Er wird in Zehlendorf eingeschult, dann wohnt er in Pankow. Es ist auch klar, dass die Kinder nicht von Pankow nach Zehlendorf zur Schule fahren müssen. D.h. eine Frage wo die Kinder wann eingeschult werden, ist schon auch eine wichtige. Es gibt die Einrichtung der Willkommensklassen – geht nicht schnell genug! D.h. wir haben gar nicht so viele Klassen, auch gar nicht so viel Lehrpersonal, was sofort einsatzbereit wäre. Speziell für Pankow: Wir sind ein ganz großer Familienbezirk und haben im Prinzip auch vor dem Zuzug eigentlich Raumprobleme gehabt, was Schule und Kinder, Räume für Schulen. D.h. uns stellt das noch vor zusätzliche Herausforderungen. Man sucht also wirklich nach Unterrichtsräumen in Stadtteilzentren, in anderen Einrichtungen, weil allen klar ist: Integration passiert nicht nur über Arbeit, sondern eben auch über Bildung. Und es kann den Kindern nichts besseres passieren, als in die Kita oder in die Schule zu kommen, weil dort natürlich auch ganz viele traumatische Erlebnisse hinter sich gelassen werden können, speziell bei Kitakindern, aber auch in der Schule, weil man dort natürlich die Begegnung hat, weil man abgelenkt wird, weil man etwas lernt und weil man plötzlich sozusagen mittendrin in der deutschen Gesellschaft ist.

S: Die Schulen machen ja auch ganz viel. Wir hatten erst letztens eine Schule in Kreuzberg, wo eine Klasse, ganz engagierte junge Leute, gesagt haben: „Wir wollen jetzt etwas machen!“, so eine Art Tandemprogramm aufgelegt haben und gemeinsam Zeit verbringen usw. Und was ich auch für einen Schüssel halte, sind die Vereine, denn insbesondere Sport verbindet immer! Fußball kann man auch zusammen spielen, wenn man jetzt nicht die gleiche Sprache spricht! Und da ist, glaube ich, auch ein guter Zulauf und auch eine gute Zusammenarbeit!

M: Wir haben über viele Aspekte gesprochen, die im Momente auf der Agenda stehen, wenn man fragt nach Willkommenskultur für Flüchtlinge: Was kann ich tun? Siri, die sehr eifrig mitgebloggt hat heute, schreibt noch einmal als Kommentar dazu: „Wir haben doch Angst, dass wenn die Bilder in Deutschland so positiv sind und den Menschen geholfen wird, dass dann noch mehr Flüchtlinge kommen! Ich glaube, es ist immer noch nicht klar, ob wir wirklich Flüchtlinge wollen, oder, dass sie nicht hier herkommen!“ Und gerade eben hat Lucia mir meine Abschlussfrage weggenommen! Lucia fragt nämlich das, was ich Sie auch als letzte Frage beide noch einmal fragen wollte: „Welche Veränderungen bezüglich der Flüchtlingsproblematik wünschen Sie sich für die Zukunft?“ Frau Scharfenberg!

S: Ich glaube, da haben wir in der letzten Stunde sehr viel dazu gesagt. Ich wünsche mir in Berlin, dass die politische Seite ein bisschen aufwacht und ein bisschen aktiver wird – jetzt einmal ein bisschen diplomatisch formuliert. Dass sich diese menschenunwürdige Situation vor dem LaGeSo ändert und dass wir als Ehrenamtliche hauptamtliche Unterstützung bekommen und das Ehrenamt nicht mehr die Arbeit von Hauptamtlichen machen muss.

N: Ich habe noch einen anderen Wunsch – ihren unterstütze ich! Mein Wunsch geht in die Richtung: Wir dürfen nicht zu sehr, ich sag das jetzt einmal so ein bisschen böse, uns auf den Aktionismus jetzt konzentrieren, sondern, mir ist wichtig: Was passiert in einem halben Jahr? Was passiert nach einem Jahr? Was ist, wenn die Menschen nicht mehr in Unterkünften leben, wo sie dann von Ehrenamtlichen betreut werden? Was passiert, wenn sie in Wohnungen leben? Wo ist dann die Willkommenskultur, wenn sie zum Amt gehen, wenn sie zur Arbeit gehen, wenn sie auf der Straße jemandem begegnen? Mir ist wichtig, dass wir diese Willkommenskultur instituionalisieren, d.h. egal, wo die Menschen hingehen, nicht nur wenn sie auf gute Ehrenamtler treffen, sondern überall, dass ihnen genau dieses Gefühl vermittelt wird: Sie sind weiterhin hier willkommen und wir sind froh, dass sie da sind!

M: Vielen Dank für Ihr engagiertes Diskutieren, für diese Wünsche, die noch einmal den Blick auch in die Zukunft geweitet haben! Das war die Online-Talkshow von www.sagwas.net, dem Debattenportal der Friedrich-Ebert-Stiftung. Herzlichen Dank fürs Zuschauen! Ganz herzlichen Dank auch fürs rege Mitfragen und Mitbloggen auf unserer Seite! Das Schlusswort hat eine Nutzerin, Rebekka schreibt: „Ich finde es ausgezeichnet, was für ein soziales System es hier in Deutschland gibt, und ich komme aus einem Land, wo ehrenamtliches Engagement viele der Aufgaben des Staates übernimmt – ich stamme aus den USA. Vielleicht ist es in diesen Tagen sinnvoller, die Situation anzunehmen und erst einmal weniger auf „Wer soll? Wer müsste?“ zu pochen und mehr auf „Komm wir machen’s!“ Ein sehr gutes Schlusswort! Und damit verabschieden wir uns! Vielen Dank und bis zum nächsten Mal!

2 Antworten auf „Willkommenskultur für Flüchtlinge: Was kann ich selber tun?“

  1. Von christoph schlemmer, 15370 petershagen am 14. Oktober 2015

    Da ich eine Afghanische Flüchtlingsfamilie seit Ende August mit Mutter und drei Kindern im Alter von 14 bis halbes Jahr in meiner Wohnung aufgenommen habe, brauche ich vor allem eine Verwaltung, die den Anforderungen entspricht, die an Analphabeten gestellt werden kann: Eine Verwaltung, die auch antwortet auf Schreiben, eine Schulverwaltung, die nicht nur nach den Paragraphen arbeitet, eine Geldstelle, die einmal das Verpflegungsgeld so auszahlt, dass die Flüchtlinge auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinkommen(Offiziell sind sie in Neuhardenberg gemeldet, also müssen sie dort auch das Geld abholen, obwohl sie in Petershagen wohnen), dazu auch die Übernahme der Wohngelder, ich habe eine Wohnung der Kirchengemeinde in Aussicht, der Landkreis muss dann auch die Kosten übernehmen – es geht nicht, dass sie (wie auch ich) auf den Kosten sitzen bleiben
    für die Mutter zeitnah Sprachunterricht …….
    Christoph Schlemmer (71 Jahre!)

  2. Von stelter, ursula am 27. Oktober 2015

    dazu fällt mir nur ein, dies vorgeschilderte problem betrifft nur „eine“ familie. es kommen aber hunderttausende in unser land. bevor integration von wirklich vom krieg betroffenen asylsuchenden hier stattfinden sollte, müßte erst geprüft werden, ob diese auch ein bleiberecht haben, bevor die aufwendige, umfangreiche integration in die hand genommen wird. an dem vorstehenden vielen fragen kann man erkennen, daß die kommunen nicht wirklich auf die enorme zahl von flüchtlingen in so kurzer zeit vorbereitet ist, um eine menschenwürdige integration zu ermöglichen. herz zu haben, bedeutet auch, die dinge mit liebe zu tun. willkommenskultur allein reicht nicht. was mir viel mehr sorgen macht, ist der unkontrollierte zustrom in die europäischen länder und nach deutschland. deutschland ist ein friedliches land, weil hier wohl überwiegend gesetze und regeln des miteinander geachtet werden. zur zeit werden so viele gesetze gebrochen durch die illegale einwanderung. ein-, zuwanderung und asylsuchende werden alle in einen topf geworfen. ohne ordnung werden wir in einen chaos versinken.von denen, die nicht vom krieg betroffen sind, hält es scheinbar kaum jemand für nötig, legal einen ein- oder zuwanderungsantrag zu stellen. die flüchtlinge wollen den frieden und unser soziales system, aber ich habe das gefühl, daß sie nicht unbedingt die demokratie, wie wir sie leben, wollen. wirkliche probleme werden von den medien m.E. nicht wirklch oder wenig thematisiert. z.B. das thema kopftuch und gleichberechtigung der frau und noch wichtiger das thema moslem und christen. als beispiel: am 16. april 2015 warfen 15 afrikanische moslems 12 menschen über bord bei der überquerung des mittelmeers, weil sie „Christen“ waren. es kam nur einen tag in den Nachrichten. wollen wir wirklich menschen in unserem land haben, die christen gar nicht mögen, sondern sie als ungläubige bezeichnen. ein syrer wollte in einem flüchtlingsheim in HH einen afghanen töten, weil dieser zum „christentum“ übergetreten war. das sind zwar nur einige fälle, wird man argumentieren, aber sie machen auch das gefährliche potential dahinter sichtbar. vor wenigen tagen erzählte mir eine heir seit jahren lebender türkischer deutscher, daß mit diesem nicht endend wollenden flüchlingsstrom auch die soldaten der ISIS mit einwandern. so viel ich weiß, mögen die keine christen. ich hoffe nur, daß er nicht recht hat.

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