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„Wir müssen es schaffen“

Von Steffen Haake / 19. Oktober 2016
picture alliance / photothek | Thomas Koehler

Interviewreihe zum Thema Arbeit, Teil 2: Dr. Carola Reimann ist promovierte Biotechnikerin, direkt gewählte Bundestagsabgeordnete aus Braunschweig und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Die frühere Sozialpolitikerin und Feministin Rosa Luxemburg hat gesagt: „Unpolitisch sein heißt politisch zu sein ohne es zu merken.“ Wodurch hast Du Dich bewusst politisieren lassen?

Das erste Mal politisch eingetreten bin ich für die Einrichtung eines Jungendzentrums in meiner Heimatstadt Goch. Die Jusos haben sich damals dafür stark gemacht, den Jugendlichen in Goch einen Ort zu organisieren, an dem sie sich treffen können. Das fand ich sehr wichtig und bin deshalb – sehr zum Ärger meines Vaters – in die SPD eingetreten.

Warum hältst Du als SPD-Fraktion-Vize den Einsatz für die Themen Arbeit und Soziales für so überaus wichtig?

Die Themen Arbeit und Soziales betreffen jede und jeden direkt in ihrem und seinem Alltag. Hier stellen wir die Weichen für ein sozial gerechtes Leben und Arbeiten. Wobei ich die Grenzen zu anderen Themen als fließend empfinde. Man kann keine Arbeits- und Sozialpolitik machen, ohne den Bereich Gesundheit zu berücksichtigen. Auch die Bildungspolitik spielt eine wichtige Rolle. Sie stellt die Weichen für ein gelingendes Erwerbs- und Arbeitsleben. Der Arbeitsmarkt ist abhängig von einer guten Ausbildung der Menschen in Deutschland. Das wird besonders in der heutigen Zeit deutlich. Wir müssen es schaffen, den vielen Geflüchteten, die zu uns kommen, passende Bildungsangebote zur Verfügung zu stellen, um sie auf unseren Arbeitsmarkt vorzubereiten. Dann profitieren wir alle.

Es bringt nichts, Dinge übers Knie zu brechen.

Hast Du den Eindruck, dass Dein Einsatz für Themen wie Renten und Gleicherechtigung, die momentan wieder viel diskutiert werden, sich eher lohnt, als etwa vor zehn Jahren?

Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich auch schon vor über zehn Jahren für die Gleichstellung von Mann und Frau eingesetzt. Dieser Kampf wird seit Jahrzehnten geführt. Wäre das nicht so, dann wären wir jetzt nicht so weit, wie wir sind. Der Durchbruch bei der Lohngerechtigkeit ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit zwischen Mann und Frau. Auch die Quote ist nach vielen Jahren Einsatz endlich erkämpft. Dennoch muss an allem weiter gearbeitet werden.

Was hast Du bisher bei dem Thema konkret erreichen können, wo siehst Du für Dich noch Herausforderungen?

In dieser Legislaturperiode freue ich mich besonders darüber, dass wir den gesetzlichen Mindestlohn durchsetzen konnten. Ein wichtiger Schritt bei der Bekämpfung von Dumpinglöhnen! Außerdem haben wir mit der Reform des Sexualstrafrechts das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gestärkt und damit eine alte und längst überfällige Forderung der Frauenbewegung erfüllt.

Im letzten Jahr ist es meinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern und mir leider nicht gelungen, die von uns präferierte Regelung zum ärztlich assistierten Suizid umzusetzen. Das war enttäuschend, gehört aber auch zum Politikbetrieb dazu.

Während meines Praktikums bei Dir konnte ich auch die Schnelllebigkeit des Parlamentsbetriebs erleben. Wie schaffst Du es, die von Dir genannten Ziele nicht aus den Augen zu verlieren?

Alles passiert zu seiner Zeit und das muss man in der Politik berücksichtigen. Natürlich müssen wir als Politikerinnen und Politiker vorausschauend handeln, aber es bringt nichts, Dinge übers Knie zu brechen. Gerade in einer Großen Koalition lernt man, sich in Geduld zu üben und immer wieder neue Wege zu suchen, um ans Ziel zu kommen.

Vielen Dank für das Interview.

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Sagwas-Autor Steffen Haake (Mi.) neben Dr. Carola Reimann (2. von re.), stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Das Interview führte Steffen Haake. Er nahm am Bundestags-Hospitanzprogramm der FES JournalistenAkademie teil und ist Stadtrat in Aurich (Ostfriesland) und Bundesvertreter der Stipendiat*innen (BVS) der FES. 

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