ProWache Öffentlichkeit
International agierende Unternehmen sollen zukünftig ihre Steuerdaten der Öffentlichkeit zugänglich machen. Diese Transparenz ist ein effizientes Mittel gegen die Steuertricks millionenschwerer Unternehmen.
Es funktioniert einfach nicht. Komplexe Steuervorschriften, das Steuergeheimnis und Schlupflöcher im Steuerrecht ermöglichen es international agierenden Unternehmen, ihre Steuerausgaben so zu planen, dass sie sie teilweise umgehen können. Das kostet die EU-Länder jährlich etwa 50 bis 70 Millionen Euro. Die EU-Kommission will nun die Öffentlichkeit als Kontrollorgan hinzuziehen – ein sinnvolles Mittel gegen den Betrug der Unternehmen, die ihre Gewinne von Land zu Land verschieben. Und ein völlig nachvollziehbarer Schritt.
Einblick in die Steuerwelt
Unternehmen sollen länderspezifische Steuerberichte veröffentlichen, lautet der Plan. Gut so! Auf diese Weise erhält die Öffentlichkeit einen Einblick in die firmeninternen Steuerangelegenheiten. Warum das gut ist? Durch eine öffentliche Debatte kann Druck auf die multinationalen Unternehmen ausgeübt werden.
Das Veröffentlichen der Steuerdaten und die erhöhte Transparenz stärken den demokratischen Prozess, da unabhängige Dritte in die öffentliche Debatte einbezogen werden und ihre Einschätzung äußern können. Aufgrund des Einblicks, den die Öffentlichkeit in die Steuerdaten der Unternehmen erhält, vergrößert sich die Chance, dass die Unternehmen die Richtlinien des jeweiligen Steuersystems ohne Gewinnkürzung oder Gewinnverlagerung einhalten. Das macht den europäischen Steuerwettbewerb fairer.
Unternehmen übernehmen Verantwortung
Eine höhere Transparenz sorgt allerdings auch für mehr Verantwortung. So könnte öffentlich werden, welchen Anteil die Unternehmen am Wohlstand vor Ort haben. In beide Richtungen – welchen Standortvorteil die Unternehmen gewinnen, aber auch, wieviel sie davon teilen könnten, ja teilen müssten.
Der Wohlstand einer Kommune ist abhängig von ihrem Profit. Profitieren kann eine Kommune größtenteils durch die Ertragssteuern der ansässigen Unternehmen. Erkennt also ein Unternehmen den Anreiz und zahlt seine Steuern am Ort der tatsächlichen Tätigkeit, so übernimmt es einen größeren Teil an Verantwortung für den lokalen Wohlstand.
Fairness der Steuersysteme bewiesen
Durch die Berichterstattung der multinationalen Unternehmen ließen sich außerdem Schwächen im nationalen Steuersystem erkennen und beheben, sodass aggressive Steuerplanung weiter bekämpft werden könnte.
Weil die Lücken der länderspezifischen Steuerrichtlinien behoben würden und weil der Forderung nach mehr Transparenz nachgekommen würde, könnten die Menschen mehr auf ein tatsächliches Funktionieren der Steuersysteme vertrauen. Der Vorschlag der EU-Kommission ist auch deshalb besonders attraktiv, weil die Kosten des Vorhabens relativ gering sind.
Attraktiv trotz Gegenwind
Aus Angst vor neuen Steuerkonflikten und Doppelbesteuerung hat die Europäische Kommission allerdings starken Gegenwind für ihren Vorschlag erfahren. Und zwar von Unternehmern allgemein, wie es scheint. Was jedoch nur unnötig Energie verschwendet hat. Denn dadurch, dass die Pflicht zur Veröffentlichung nur Unternehmen mit einem Umsatz ab 750 Millionen Euro betrifft, müssten Kleinunternehmen keine Bedenken haben, eher im Gegenteil. Lediglich ihre großen Konkurrenten, die aufgrund ihrer internationalen Aktivitäten Zugang zu anderen Steuersystemen haben, hätten mit der neuen Regelung kaum eine andere Wahl, als den gerechten Betrag der Steuergelder zu zahlen.
Mit ihrem Vorschlag wählt die Europäische Kommission ein entscheidendes Instrument zur Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung – die Öffentlichkeit. Anders gesagt, fast scheint es, als versuche die Kommission, betrügerische Unternehmen mit ihren eigenen Kunden zu bekämpfen. Um allen anderen das Leben nicht zu erschweren, sollte der Einblick in die Steuerdaten aber nicht unkommentiert geschehen. Kaum jemand kann sich die Dimensionen des Steuerhaushaltes, in dem multinationale Unternehmen verkehren, vorstellen. Sicher ist: Entspannt zurücklehnen kann sich dabei keiner.
Lies weiter bei…