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Ganz schön nass hier

Von Sophia Förtsch / 18. September 2019
picture alliance / blickwinkel/F. Herrmann | F. Herrmann

Wasser ist für uns alle existenziell. Soviel ist klar. Aber im Grunde doch auch ein eher langweiliges Lebensmittel. Wie viel vermeintlich unnnützes Wissen darüber steckt in dir?

Von A wie Aquifer über G wie Grauwasser bis hin zu S wie Staudamm: Ein Lexikon zu Wasser hätte allerlei interessante und sehr nützliche Begriffe zu bieten, keine Frage. Aber wen beschäftigen diese Aspekte wirklich – abgesehen von Hydrologen und Landwirten?

Obwohl wir Deutschen alle täglich damit in Berührung kommen, hat Wasser für viele nicht gerade den Stellenwert von “flüssigem Gold“. Wir waschen uns und unsere Kleidung, das Geschirr, wir trinken täglich mehrere Liter Wasser, kochen damit, und alles, was wir dafür tun müssen, ist den Wasserhahn aufzudrehen. Jeden Tag verbrauchen wir in Deutschland so pro Kopf mittlerweile 121 Liter Wasser, dazu kommt das virtuelle Wasser in Konsumgütern. Dabei würden täglich bereits rund 20 Liter pro Person reichen, um weder zu verdursten noch schmutzig zu bleiben. Anstatt Wasser zu verwenden, verschwenden viele es. Du auch?

Leitungswasser. Deutschland gehört zu den Ländern, in denen die Leitungswasserqualität am besten ist. Wenn wir wollten, müssten wir also kein Wasser in Plastik- oder Glasflaschen kaufen. Wie viel Liter braucht es, um einen Liter Wasser abzufüllen und im Supermarkt bereitzustellen? Was glaubst du? Es sind drei Liter Wasser! Wer es sprudelig mag, könnte sich stattdessen auch einen Wassersprudler zulegen. Das wäre auf lange Sicht kostengünstiger und umweltfreundlicher. Der aktuelle Bericht des Bundesministeriums für Umwelt zeigt, dass 2018 die Trinkwasserqualität in Deutschland sehr gut war – Kontrollparameter wurden in über 99,9 Prozent aller Proben eingehalten. Doch nicht in jedem Land kann man Wasser aus der Leitung trinken. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt sogar, dass der Grund für 80 Prozent aller Reiseerkrankungen unsauberes Wasser ist. In 187 Ländern, darunter viele in asiatischen und afrikanischen Regionen, ist Leitungswasser nicht genießbar. Aber auch in europäischen Ländern wie Bulgarien sollte man Wasser nicht einfach so aus dem Hahn trinken. Weltweit kann laut WHO nur in rund 57 Ländern, die größtenteils in Europa liegen, Leitungswasser bedenkenlos getrunken werden.

Mangel. Was denkst, wie lange hältst du es ohne Wasser aus? Drei bis vier Tage kann ein Mensch, der in der Regel zu 70 Prozent selbst aus Wasser besteht, ohne Trinkwasser überleben. Während in Industrieländern Wasser eine solche Selbstverständlichkeit darstellt, dass damit sogar Fäkalien abtransportiert werden, haben 4,3 Milliarden Menschen nicht mal ansatzweise die Möglichkeit, eine typische (Wasser-)Toilette zu benutzen. Derzeit müssen weltweit 1,1 Milliarden Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser, das heißt zu sauberem Wasser überleben. Doch mangelnde Wasserversorgung und verdrecktes Wasser führen zu Krankheiten. Jährlich sterben rund acht Millionen Menschen, weil ihnen der Zugang zu Wasser fehlt oder sie nur an verschmutztes Wasser kommen, etwa 1,6 Millionen davon sind Kinder. Der globale Wasserverbrauch, rechnen Forscher, wird in den nächsten 30 Jahren um 300 Prozent steigen und in weniger als zehn Jahren werden 3,1 Milliarden Menschen weltweit an Wassermangel leiden.

Süßwasser. Die Erdoberfläche ist zu zwei Dritteln mit Wasser bedeckt und sieht aus dem All betrachtet wie ein blauer Planet aus. Jedoch sind mehr als 97 Prozent dieses Wassers Salzwasser. Nur etwa 2,5 Prozent umfassen das brauchbare Süßwasservorkommen, das wir als Trinkwasser verwenden. Und davon befindet sich – du ahnst es schon – der überwiegende Teil des Süßwassers zu etwa zwei Dritteln als Eis an den Polen. Den Lebewesen unseres “blauen Planeten“ steht damit also vergleichsweise wenig Trinkwasser zur Verfügung. Noch. Denn der Vorrat an Süßwasser vergrößert sich nicht, im Gegenteil. Und das, was wir Menschen momentan noch zur Verfügung haben, ist auch durch unser bewusstes Zutun ungleich verteilt.

Verbrauch. Dir schwirrt der Kopf von diesem Zahlenkarussell? Eine Runde schaffst du noch. In der Industrie wird viel von „virtuellem Wasser“ oder „verstecktem Wasser“ gesprochen, also der Menge an Wasser, die zur Herstellung von Produkten benötigt und von Konsumenten nur indirekt verbaucht wird. Ein Großteil des indirekten Wassers wird für die Landwirtschaft zur Bewässerung aufgebracht (1 kg Tomaten – etwa 180 Liter, 1 kg Salat – etwa 130 Liter, zweieinhalb Avocados – etwa 1.000 Liter). Wusstest du, dass für den Bau eines Autos rund 400.000 Liter Wasser erforderlich sind? Um einen 32-Megabyte-Computerchip zu produzieren, braucht es 34 Liter Wasser, für ein Kilogramm Rindfleisch 15.000 Liter und für ein Kilogramm Baumwolle 10.000 Liter. Diese Entwicklung heißt für uns: Der Wasserverbrauch (direktes und indirektes Wasser) beträgt in Deutschland an einem Tag pro Kopf im Zweifel mehr als 3.900 Liter! Davon sind lediglich rund 120 Liter direktes Wasser aus dem Hahn. Wir verbrauchen für Duschen und Körperpflege ca. 46 Liter, 35 Liter zur Toilettenspülung, 15 Liter zum Wäschewaschen, weitere acht Liter kommen für Putzen und Garten hinzu, nochmal acht Liter für den Geschirrspüler, während Trinken und Kochen nur etwa fünf Liter ausmachen. Zum Vergleich: In Ägypten lag der durchschnittliche tägliche (direkte) Wasserverbrauch im Jahr 2002 bei gerade einmal 22 Liter pro Kopf. Der weltweite Verbrauch hat sich in den letzten 100 Jahren verzehnfacht. Auslöser für diesen Anstieg ist die Industrialisierung.

Wasser ist demnach definitiv beides: sowohl Lebenselixier als auch Luxusgut. Und das heißt, es gäbe genug Einsparpotenziale. Doch vorher müssen wir klären: Welche Bedeutung hat Wasser für uns Menschen? Was bedeutet es dir?

Eine Antwort zu “Ganz schön nass hier”

  1. Von Jürgen Linke am 19. September 2019

    Wichtiges Thema gut dargestellt.

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