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ProDer Mensch entscheidet – auch über die Natur

Von Danilo Rößger / 16. September 2016
picture alliance / abaca | Blondet Eliot/ABACA

Menschen haben gelernt, zu beherrschen. Genau wie die Natur. Denn sich weiterentwickeln wollen beide.

Keine Frage: Wir brauchen die Natur. Das Ökosystem der Erde ist seit Anbeginn der Menschheit die Ressourcenquelle, die uns – neben der Sonne – am Leben erhält, uns voranbringt. Aus Steinen entwickelten wir Werkzeuge, aus Brachland bestellten wir Felder, aus Holz wurden Siedlungen angefertigt. Doch schon längst geht es nicht mehr nur um die klassischen Rohstoffe.

Die Verarbeitung natürlicher Ressourcen wie Wind, Wasser oder Sonnenlicht in neue nutzbare Energieformen steht gegenwärtig hoch im Kurs. Und das nicht nur, um unseren Energiehunger zu stillen. Je schneller die Zivilisation voranschreitet, desto deutlicher erkennen wir, wie sehr wir damit unsere Umwelt in der Hand haben. Zumindest spricht vieles dafür.

Wider die Natur

An die Konsequenzen dieser Ausbeutungsstrategie wurde dabei lange Zeit nicht gedacht. Ein Blick auf die Entwicklung der letzten 100 Jahre reicht bereits aus, um das Ausmaß zu erahnen. Lebenswichtige Wälder verschwinden, Tierarten sterben aus, während gleichzeitig Wüsten entstehen. Und es wird von Jahr zu Jahr schwerer, diese Prozesse rückgängig zu machen oder einzudämmen. Auch, weil sich die Weltbevölkerung im Laufe der letzten 50 Jahre verdoppelt hat und bis zum Jahr 2050 an der 10-Milliarden-Marke kratzt, wie aus den World Populations Prospects der Vereinten Nationen hervorgeht.

Der Einfluss des Menschen auf die Natur ist jedoch kein Phänomen der Neuzeit. So wurden schon in der Antike Naturkatastrophen als Resultat menschlichen Handelns angesehen und der römische Naturforscher Pilnius hielt in seinen Schriften fest, wie Bergleute „siegesgewiss auf den Zusammenbruch der Natur“ blicken. Heutzutage gibt es internationale Beschlüsse mit ethischem Ansatz, wie etwa das „Zwei-Grad-Ziel“, dass die globale Erwärmung eindämmen soll. Sie sorgen zwar dafür, dass wir das Ökosystem nicht vollends schröpfen – dennoch haben unsere Handlungen längst eine Ursachenkette in Gang gesetzt, die drastische Veränderungen auf der Erde hervorgerufen haben.

Doch auch ohne menschliche Eingriffe stellt die Natur ihre Unberechenbarkeit regelmäßig unter Beweis. Wer nun Ereignisse wie Tsunamis vor der Küste Japans oder Erdbeben in Haiti im Sinn hat, denkt zu kurz. Das Elbe-Hochwasser 2002 beweist, dass selbst das scheinbar solide Kontinentaleuropa nicht gefeit ist. Diese Desaster sind es jedoch letzten Endes, die den Menschen lehren, sich immer wieder neu auf die Lebensumgebung einzustellen.

Technik rettet Leben

Mittlerweile sind wir auf einem guten Weg, außergewöhnliche Naturphänomene und sogar -katastrophen relativ verlässlich vorauszuahnen und uns darauf einzustellen. Den größten Dienst erweist uns dabei die fortschreitende Technisierung. Und wenn es einen Beruf mit Zukunft gibt, dann ist es wohl der der Klimaforscher: Wissenschaftler rund um die Welt erheben auf einem immer professionelleren Level Daten, analysieren sie und ziehen Konsequenzen. In Deutschland befasst sich beispielsweise das Zentrum für Frühwarnsysteme im Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam mit der Früherkennung von Naturgewalten und entwickelt derzeit ein globales Modell, das auf Basis gesammelter Statistiken Risiken und Gefährdungspotentiale errechnet.

Amerikanische Erdbebenforscher haben derweil festgestellt, dass GPS-Systeme Verschiebungen unter der Erde spüren können. Mit diesem Wissen baut das United States Geological Survey aktuell an einer App, die als Frühwarnsystem fungieren soll. Dieses wird aktiviert, indem mehrere GPS-Signale miteinander gekoppelt werden. Zwar haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass das erst bei einer Zahl von 5000 Probanden möglich ist – trotzdem kommt diese Erkenntnis und die App selbst jenen Bevölkerungsgruppen zu Nutze, die nicht über die finanziellen Mittel für andere, teurere Frühwarnsysteme verfügen. Die Beherrschung von Natur und Umwelt ist somit längst nicht mehr nur eine Sache der Eliten und Politik, sondern in Zeiten der Überbevölkerung ein Thema für jedermann geworden.

Es wäre unrealistisch zu denken, dass wir die Natur jemals vollständig kontrollieren werden. Sehr wohl können wir jedoch katastrophale Auswirkungen vermeiden oder sogar abwehren. Der Fortschritt macht es in Form von Früherkennung oder ausgeklügelter Architektur möglich. Dazu bedarf es allerdings der nötigen Vehemenz. So mancher Umweltforscher sieht dieses Bewusstsein mittlerweile als eine Voraussetzung für den Fortbestand der Menschheit.

Publizist und Ökoaktivist Bill McKibben legt dazu deutliche Worte an den Tag, wenn er an den Klimawandel denkt: „Wenn es [anstelle des Klimawandels] die Nazis wären, die heute die menschliche Zivilisation bedrohen würden – Amerika und seine Alliierten würden längst für einen großangelegten Krieg mobilisieren“.

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Debatte | Wer zähmt hier wen?

Contra  | Die Natur lässt sich nicht zähmen



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