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DebatteIst der Konsum grüner Energie der Schlüssel zu einer nachhaltigeren Zukunft?

Von Sophia Förtsch / 30. September 2021
picture alliance / Westend61 | Bonninstudio

Waldbrände in Griechenland, Überschwemmungen in Nordrhein-Westfalen, Erdbeben in Haiti. Nachrichten voll von Horrorszenarien, die aus einem schlechten Sci Fi-Film stammen könnten, sind leider Realität und die derzeitige Antwort von Mutter Natur auf unseren ökologischen Fußabdruck.

Nachhaltiger Konsum ist für viele eine Lebenseinstellung und -weise. Vor allem bei jungen Menschen sind die Themen Nachhaltigkeit (zum Beispiel Slow Fashion, Lebensmittelrettung, Fair Trade) und Umweltschutz (siehe Fridays for Future-Bewegung) gerade im Trend. Das Bundesumweltministerium (BMU) definiert „nachhaltigen Konsum“ bislang so: „Nachhaltiger Konsum ist Teil einer nachhaltigen Lebensweise und ein Verbraucherverhalten, das unter anderem Umweltaspekte und soziale Aspekte bei Kauf und Nutzung von Produkten und Dienstleistungen berücksichtigt.”

Viele schmücken sich mit dem Begriff der Nachhaltigkeit, auch zu Unrecht. Dabei lässt sich schnell ausmachen, was damit angestrebt werden sollte. In simplen Worten erklärt, bedeutet es, dass bei der konkreten Nutzung von Lebensmitteln, Strom oder auch im Finanzbereich auf nachfolgende Generationen Rücksicht genommen wird. Bei Lebensmitteln und Rohstoffen sollte heute nur so viel verbraucht werden, wie auch künftig wieder entstehen beziehungsweise nachwachsen kann, damit in 20 oder 50 Jahren noch genug für alle da ist. Denn: Unser derzeitiges Interesse an fossilen Brennstoffen, die Abholzung von Wäldern, industrielle Viehzucht und vieles mehr hat enorme Auswirkungen auf Klima und Erderwärmung. Oft wird nachhaltiger Konsum, der die Umwelt strikt mitdenkt, darum auch “grüner“ Konsum genannt – in diesem Fall ist ein Konsumverhalten als bewusster und umweltfreundlicher/-schonender zu bewerten als dasjenige, das nur zur eigenen Bedürfnisbefriedigung dient.

Nachhaltiger Konsum betrifft aber nicht nur den Lebensmittelbereich, sondern auch das Entsorgungsverhalten im Alltag: Mülltrennung, Plastikvermeidung, Re- und Upcycling sowie gebraucht statt neu kaufen. Weitere Bereiche sind Mobilität, Strom-/Wärmeversorgung und sogar der Umgang mit Finanzen.

Grüner Strom

Die Strom- und Wärmeversorgung ist nach dem Lebensmittelbereich einer der Konsumbereiche, bei dem derzeit am meisten etwas in Richtung Nachhaltigkeit getan wird. Wenn Stromversorger Strom aus Erneuerbaren Energien (EE) anbieten, heißt das, dass dieser im besten Falle aus 100 Prozent Wind-, Wasser – oder Solarkraft gewonnen wird. EE tragen zur Reduzierung von Schadstoffen bei und verringern den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen. Jahr für Jahr erhöht sich der Anteil der EE im deutschen Strom- und Wärmeverbrauch. Im Jahr 2000 waren es noch rund sechs Prozent, 2020 schon fast 46 Prozent! Viele konventionelle Stromversorger bieten zwar schon Ökostrom an (bei Vattenfall stammten im Jahr 2020 rund 44,8 Prozent des erzeugten Stroms aus EE). Aber unter den Top 5 der größten Stromversorger in Deutschland (Vattenfall, E.ON, RWE, LEAG, EnBW) ist kein einziger, der einzig Strom aus EE liefert. Der Marktanteil von Ökostromversorgern (Naturstrom, Greenpeace Energy oder Polarstern Energie) ist trotz Boom noch relativ klein. Marktführer ist Lichtblick. Derzeit versorgt die Tochter des niederländischen Energiekonzerns Eneco rund eine Million Haushalte mit Ökostrom. Zum Vergleich: E.ON hat sechs Millionen Stromkunden.

Grün unterwegs

Aktuell werden im Verkehrssektor rund ein Fünftel aller für Deutschland gemessenen Treibhausgasemissionen verursacht. Angela Merkels Bundesregierung hatte mit dem Klimaschutzgesetz beschlossen, die jährlichen Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich zu senken. Aktuell werden rund 160 Millionen Tonnen ⁠CO2⁠ produziert. Ziel soll es sein, diese Menge bis 2030 auf 95 Millionen Tonnen zu reduzieren. Langfristig gesehen soll für Deutschland bis 2050 die Treibhausgas-Neutralität verfolgt werden.

Noch ein paar Zahlen gefällig? Auch Flugzeuge und Autos waren 2019 die größten Treibhausgas-Produzenten. Laut Umweltbundesamt (UBA) lag der Treibhausgaswert beim Flugzeugverkehr im Inland bei 214 Gramm pro Personenkilometer (g/Pkm), beim Auto bei 154 g/Pkm. Im Vergleich dazu: Die umweltschonendste Reisevariante gelang mit Bahn oder Bus im Fernverkehr – hier wurden jeweils nur 29 g/Pkm Treibhausgas produziert.

Nachhaltige Finanzen

Ein von Nachhaltigkeit noch fast unberührter Bereich, der aber genauso wichtig wie Strom ist, ist der Finanzsektor. Doch kann Geld nachhaltig sein? Ja! Wahr ist aber auch: Die meisten Banken, die mit dem Geld der Kunden arbeiten, investieren unter anderem in Unternehmen, die mit Waffen handeln. In Deutschland gibt es derzeit nur 14 Banken, die ethische und ökologische Kriterien in ihrem Bankgeschäft verfolgen und eine Reihe von Geschäftsfeldern wie Waffen, Kinderarbeit oder Atomkraft bei Investitionen ganz oder teilweise ausschließen können. Diesen Banken ist wichtiger, ökologische und soziale Unternehmen zu fördern, als ihr Kapital um jeden Preis und mit allen Mitteln zu erhöhen. So finanziert die niederländische Triodos Bank mit Niederlassungen in ganz Europa nachhaltige und soziale Projekte. In Deutschland etwa das Senioren- und Pflegezentrum St. Elisabeth in Nürnberg, die Malzfabrik in Berlin oder zwei Windparks in Brandenburg und Thüringen.

Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung am 1. und 2.9.2021 ca. 2.500 Personen befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Der statistische Fehler der Gesamtergebnisse liegt bei 3,3 Prozent.


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