Spanierin in Deutschland: „Hier ist alles besser“
Jedem zweiten jungen Menschen in Spanien droht nach Ausbildung oder Uni die Arbeitslosigkeit. Viele kehren deshalb ihrem Land den Rücken – vor allem gut ausgebildete Ingenieure. Doch auch in Deutschland ist nicht alles wie im erträumten Paradies. Die junge Spanierin Beatriz Almante erzählt.
Unbezahlte Überstunden, schlechtbezahlte Minijobs oder gar kein Job: Junge Spanier wollen sich nicht mit den Bedingungen in ihrer Heimat abfinden. 48,8 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen waren laut Statista1 im August 2015 ohne Job, so viel wie in keinem anderen Land in Europa.
Ihre große Chance sehen viele in Deutschland. Wegen der gravierenden Wirtschaftskrise gilt Deutschland für die Jugendlichen der Krisenländer längst als gelobtes Land der Arbeit. Besonders gut ausgebildete junge Spanier zieht es weg aus ihrer Heimat. 44.100 waren es laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2014. Beatriz Almante ist eine von ihnen.
Trotz Studium kein Job
Die 26-Jährige ist Ingenieurin und hat sich auf Chemie spezialisiert. „Chemieingenieurwesen“ hieß das Masterstudium, das sie 2014 in Madrid abschloss. Nachdem sie dort vergeblich nach einem Job gesucht hatte, schrieb sie schließlich auch Bewerbungen nach Deutschland.
Es hat geklappt: Seit ein paar Monaten arbeitet Beatriz beim Europäischen Patentamt in München. „Ich klassifiziere Patente im chemischen Bereich“, erklärt sie. „Der Job ist super und die Kollegen sind toll. Und das Beste: Ich spreche hier Deutsch und Englisch – so kann ich meine sprachlichen Kompetenzen verbessern.“
Sprachprobleme hat sie keine. „Ich lerne nun seit fünf Jahren Deutsch“, sagt Beatriz. „Für mich ist diese Sprache sehr nützlich – gerade beruflich gesehen.“ Beatriz war 2013 schon einmal für einen Deutschkurs in München. Weil es ihr in der bayerischen Landeshauptstadt so gut gefallen hatte, freute sie sich besonders über die Jobzusage. Außerdem wollte sie unbedingt nach Deutschland. „Ich sehe Deutschland und meinen Job hier als Riesenchance.“
900 Euro für eine Vollzeitstelle als Akademiker
In Deutschland verdiene sie für die gleiche Arbeit mehr als das Doppelte. „Meine Ingenieurskollegen aus dem Studium verdienen in Spanien 900 Euro für eine Vollzeitstelle – wenn sie Glück haben“, sagt sie. Die Aufgaben seien auch nicht sehr befriedigend. „Bestenfalls könnte ich dort irgendwelche Beläge für Straßen anmischen.“
Deshalb hat es Beatriz nach Deutschland gezogen, ein Land, in dem Ingenieure fehlen. Ein Land, in dem „alles besser ist“, meint Beatriz. „Hier kann ich gut von meinem Gehalt leben, obwohl München teuer ist.“ In Deutschland muss sie nur die 40 Stunden arbeiten, für die sie auch bezahlt wird.
„Ich vermisse die Tapas-Bars“
Ihre Heimat zu verlassen, fiel ihr trotzdem nicht leicht, gerade auch, weil ihre ganze Familie in Madrid lebt. „Zum Glück stehen alle hinter mir. Sie wissen, dass ich nur hier Chancen auf einen guten Job habe“, sagt Beatriz. „Ich fliege so oft es geht nach Hause. Von München gibt es ja zum Glück gute und günstige Verbindungen.“
Wenn die junge Spanierin von ihrer Heimat spricht, dann leuchten ihre blauen Augen. „Ich vermisse die Tapas-Bars, ich vermisse, einfach spontan Menschen auf der Straße zu treffen und sich eine Kleinigkeit zu gönnen. In Spanien ist viel mehr los auf den Straßen.“ Auch seien die Deutschen ihrer Meinung nach nicht ganz so offen und spontan. Vielleicht läge das am schlechten Wetter, meint Beatriz mit einem Schmunzeln. „Aber wenn das Wetter gut ist, vermisse ich Spanien nicht ganz so sehr.“
Sie liebt Bayern und das Bayerische Bier
Und natürlich habe München auch viel zu bieten. „Ich liebe Bayern, das bayerische Bier und das deutsche Frühstück“, schwärmt Beatriz. Ehrensache, dass das Brötchen bei ihr „Semmel“ heißt.
Sie hat sich gut eingelebt und fühlt sich willkommen. „Ich bin sehr glücklich in München und hoffe, dass ich hier noch viele Jahre bleiben kann.“ Wo sie in zehn Jahren gerne sein möchte, kann die Spanierin noch nicht sagen. „Vielleicht zieht es mich auch mal wieder nach Spanien oder in ein anderes Land“, sagt Beatriz. „Aber was die Zukunft auch bringen wird, ich werde meinen Weg schon machen und immer arbeiten können, egal wo.“ Bayern sei auf jeden Fall ihre zweite Heimat.