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DebatteBefördert die Digitalisierung den demokratischen Zeitgeist?

Von Sophia Förtsch / 30. April 2021
picture alliance / Zoonar | Khakimullin Aleksandr D9

Hybride Partizipation, mediale politische Polarisierung und digitale Demokratie – gemeinsam haben diese Formulierungen: Sie resultieren aus dem Zusammenspiel von Demokratie und Digitalisierung. Doch wie verändert Digitalisierung politische Prozesse konkret?

Nach Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes ist die Bundesrepublik Deutschland eine repräsentative Demokratie. Bürger*innen bestimmen ihre Vertreter*innen durch freie Wahlen. Diese bilden die Abgeordneten des Bundestags und sind angehalten, im Sinne und zum Wohle ihrer Wählerschaft politische Entscheidungen zu treffen. Demokratie – das bedeutet also: Gewaltenteilung, ein Mehrparteiensystem sowie freie, gleiche und geheime Wahlen. Neben der repräsentativen Demokratie gibt es die direkte Demokratie, bei der das Volk durch Volksabstimmungen oder Volksbegehren die Staatsgewalt eigenständig ausübt und politische Entscheidungen selber trifft. Die dritte Form ist eine Mischform aus den beiden Erstgenannten, die sogenannte plebiszitäre Demokratie.

Der digitale Wandel unserer Gesellschaft ist kommunikativ

Ursprünglich bedeutete Digitalisierung die Umwandlung von analogen Informationen (Fotografien, Tonaufnahmen usw.) in eine Signale verarbeitende digitale Form. Eine derart enge Definition für Digitalisierung gibt es allerdings nicht mehr – was begrifflich damit gemeint sein kann, hängt heute vom jeweiligen Kontext ab. Denn digitaler Wandel betrifft nicht nur die in der Informationstechnologie angestoßenen Veränderungsprozesse, sondern schließt die Politik explizit mit ein.

Was heißt das genau? Digitale Medien erweitern u.a. die Handlungs-, Kontakt- und Kommunikationsmöglichkeiten von Institutionen aller Art: Firmen, Vereinen, Organisationen. Für alle spielt inzwischen die kommunikative, dezentrale Vernetzung etwa über soziale Medien eine tragende Rolle. Sie haben Partizipationsprozesse vereinfacht und neue Möglichkeiten der internen wie auch der öffentlichen Auseinandersetzung jenseits des Bundestags geschaffen.

Das Zusammenspiel zwischen Demokratie, Buchdruck und Digitalisierung

Zwar gibt das Internet Bürger*innen mehr Mittel und Wege, sich an politischen Prozessen zu beteiligen. Andererseits wird in Politik und Gesellschaft auch befürchtet, dass der zunehmende Einsatz digitaler Medien zur (negativen) Beeinflussung der politischen Meinungsbildung wie auch zur Manipulation von Wahlen führen könne. Neben einer direkten Manipulation gibt es insbesondere die indirekte Einflussnahme: Soziale Medien arbeiten vor allem mit Algorithmen. Diese beeinflussen die öffentlichen Informationsströme und selektieren das, was bei Nutzer*innen am Ende auf dem Bildschirm überhaupt erscheint.

Schon bevor es das Internet gab, haben technische Errungenschaften wie Fernseher und Radio auf die Geisteshaltung der Gesellschaft eingewirkt. Genauso wie es die Entstehung und Verbreitung eines analogen Mediums geschafft hat: des Buchs. Eine nicht ganz unbedeutende Folge des Buchdrucks ab 1450 durch Johannes Gutenberg war, dass Wissen plötzlich potentiell für alle zugänglich wurde und die Alphabetisierung der Bürger*innen begann. So wurde es möglich, Informationen in großer Zahl rasch unter die Leute zu bringen. Durch den Erfolg sah sich jedoch die herrschende Klasse bedroht und reagierte mit der Zensur von Schriften und Drucken, um die öffentliche Meinung wieder zu kontrollieren. Allerdings gelang die Demokratisierung der Bürger*innen schlussendlich durch den Buchdruck doch noch und die damit verbundene Wissensverbreitung.

Die Aufgaben der modernen digitalisierten Demokratie

Durch die Erfindung und insbesondere Verbreitung des WWW in den 1990er Jahren (und dessen Evolution in Web 2.0 und Cloud) fand die letzte große Medienrevolution statt. Zu beobachten ist, dass seitdem unsere Demokratie noch stärker als bisher von Prozessen der Digitalisierung geprägt wird. Die sogenannte “digitalisierte Demokratie” zielt, nicht zuletzt durch die aktuelle Pandemie, immer mehr ab auf eine Verschränkung von digitalen Medien und politischen Prozessen. Parteitage werden in den virtuellen Raum gelegt, es gibt kommunale Online-Beteiligungen, E-Government oder digitale Parteienforschung. Auch in sozialen Netzwerken – besonders Twitter und Facebook – ist verstärkt eine politische Polarisierung und kollektive Meinungsbildung zu beobachten.

Eine der größten (demokratischen) Herausforderung unserer Zeit ist und bleibt aber die “digitale Spaltung”, also die Kluft, die die Digitalisierung innerhalb gesellschaftlicher Strukturen mit sich gebracht hat. Sie kann als Ungleichgewicht in der Teilhabe von Menschen an der digitalisierten Welt verstanden werden. Damit ist nicht nur die Qualität des infrastrukturellen Zugangs zum Internet (Bandbreite des Internetanschlusses) gemeint, sondern auch die Frage, welche Teile der Gesellschaft überhaupt in der Lage sind, die immer anspruchsvollere digitale Technologie zu nutzen. Inwiefern ist also diese neue, digitalisierte Demokratie im Stande, diejenigen, die nicht täglich online sind, einzubinden und mitzunehmen, um damit eine nötige Brücke zwischen den digital Inkludierten und den Exkludierten zu schlagen?

Und hier ein paar Einschätzungen aus der deutschen Bevölkerung zum Thema:

Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 13.-14.4.2021 ca. 2.500 Personen befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Der statistische Fehler der Einzelergebnisse findet sich unterhalb der jeweiligen Kategorien.



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