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DebatteMensch, wo geht’s hin?

Von Christina Mikalo / 30. Juni 2022
picture alliance / Zoonar | Patrick Daxenbichler

Von Anbeginn an erfand der Mensch Werkzeuge, die das Leben erleichterten – oder es zumindest stark veränderten. Er machte einen Entwicklungsschritt nach dem anderen. Aber noch mehr Fortschritt wagen? Ein Rück- bzw. Überblick von den Anfängen unserer Geschichte bis zur Gegenwart.

Rund 7,96 Milliarden Menschen leben laut Deutscher Stiftung Weltbevölkerung (DSW) derzeit auf der Erde. Kein anderes Säugetier hat sich so stark vermehrt und sich so weitläufig über den Planeten verteilt wie der Homo sapiens. Zu verdanken hat unsere Spezies das einer bei ihr einzigartig ausgeprägten Fähigkeit: ausgesprochen erfinderisch zu sein und dadurch die Umwelt zu ihrem Vorteil zu gestalten.

Schon vor 1,76 Millionen Jahren bearbeiteten Menschen im Osten Afrikas Steine, verpassten ihnen scharfe Kanten und eine Spitze. Der Faustkeil, der auf diese Weise entstand, ist ein echtes Allzweckwerkzeug. Mit ihm konnten die Frühmenschen unter anderem Fleisch von toten Tieren schneiden, sie konnten damit stechen, graben und hämmern.

Rund eine Million Jahre später folgte die nächste bahnbrechende Erfindung: Der Mensch lernte Feuer zu bewahren und (wenn auch viel später) es zu entzünden. Damit gewann er nicht nur eine wirksame Waffe gegen Raubtiere, sondern zudem einen Schutz vor Kälte; fortan konnte er selbst in kühlen Regionen wie dem nördlichen Europa überleben.

Erfolgsgeschichte mit Wermutstropfen

Mit seiner Ausbreitung verdrängte der Homo sapiens andere Lebewesen. Die Megafauna Australiens beispielsweise starb innerhalb weniger Jahrtausende aus, nachdem Menschen den Kontinent um 50.000 vor Christus besiedelten – womöglich aufgrund von Bejagung, wie manche Forscher:innen vermuten. Auch alle anderen Gattungen des Homo wie der Neandertaler verschwanden mit der Ausbreitung ihres modernen Artgenossen von der Bildfläche. Einen Grund für ihr Aussterben sehen einige Wissenschaftler:innen in der mangelhaften Anpassung an sich verändernde Umweltbedingungen. Dem geschickten Homo sapiens dagegen verhalfen steigende Temperaturen nach Ende der letzten Eiszeit sogar zu einem weiteren großen Fortschritt: der Landwirtschaft.

Diese bildete sich vermutlich vor etwa 12.000 Jahren zeitgleich in verschiedenen Teilen der Welt heraus. Bekannt dafür ist vor allem die Region des Fruchtbaren Halbmonds im Norden der arabischen Halbinsel. Auf Gebieten, die unter anderem Teile der heutigen Türkei, Israels und Syriens umfassen, kultivierten Menschen Wildpflanzen, hielten Nutztiere wie Schafe und Ziegen. Das Nomadenleben fand damit ein Ende, der Mensch wurde sesshaft.

Die sogenannte neolithische Revolution läutete eine neue Phase in der Menschheitsgeschichte ein. Mehr Kinder wurden geboren und überlebten, die Töpferei und das Rad wurden erfunden und östlich des Euphrats entstanden die ersten Städte und damit zugleich wichtige Handelszentren. Vermehrt strebten die Menschen nach Besitz – ein Streben, das wir bis heute nur allzu gut kennen.

Mehr Fortschritte, aber nicht für jede:n

Spätere Erfindungen veränderten das Leben auf der Erde ähnlich tiefgreifend. In Europa kann Wissen durch die Erfindung des Buchdrucks um das Jahr 1450 erstmals massenhaft vervielfältigt werden und damit weite Teile der Bevölkerung erreichen, anstatt nur den oberen Ständen vorbehalten zu bleiben.

Zumindest theoretisch. Wer Zugang zu fortschrittlichen Erfindungen und Entwicklungen bekommt, das hängt bis in die Gegenwart häufig von Geld und Einfluss ab. Den Vereinten Nationen (UN) zufolge haben selbst heute weltweit mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu Strom – obwohl die Elektrifizierung bereits Ende des 19. Jahrhunderts einsetzte.

Maßgeblich dafür war die Industrialisierung, ohnehin eine Epoche umwälzender Innovationen. Eine weitere steile Erfolgsgeschichte war dem damals unter dem Namen „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ bekannten Auto beschieden. Sein Erfinder, der deutsche Ingenieur Carl Benz, meldete es am 29. Januar 1886 zum Patent an. 136 Jahre später rollen nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VBA) weltweit rund 1,25 Milliarden Autos über den Planeten. Wenn auch sehr ungleichmäßig verteilt.

Was die Zukunft bringen könnte

Aber nicht nur ihre Werkzeuge und Fahrzeuge, auch die Menschen selbst vermehren sich seit dem 19. Jahrhundert rapide. Der medizinische Fortschritt führte in Europa zu einem Rückgang der Säuglingssterblichkeit, während gleichzeitig der zunehmende Wohlstand in Teilen der Bevölkerung die Lebenserwartung steigerte.

Der Rest der Welt zog ein Jahrhundert später nach. Schätzungen der UN zufolge werden im Jahr 2050 voraussichtlich 9,7 Milliarden Menschen die Erde bewohnen. Bleibt abzuwarten, was Fortschritt für sie heißen wird. Die vergangenen beiden Jahrhunderte waren von technischen Innovationen wie dem Fernsehen und der Raumfahrt geprägt, hinzu kam eine weltweite Vernetzung durch das Internet und Smartphone.

Mit der Umweltverschmutzung ist jedoch auch die Kehrseite des technischen Fortschritts in den Blick geraten. Nach Ansicht mancher Expert:innen braucht es in Zukunft eine neue Definition von Fortschritt, die nicht bloß auf Innovationen im Bereich der Güterproduktion und der Fortbewegung abzielt, sondern vielmehr auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit – auch in Bezug auf die Arbeitswelt und einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit.

Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 27. bis 28.6.2022 ca. 2.500 Personen befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Der statistische Fehler der Gesamtergebnisse liegt bei 3,4 Prozent.


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