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DebatteOnlineshopping nur mit Gratisretouren?

Von Sophia Förtsch / 30. November 2020
picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Am Anfang war das Internet… und mit ihm kam der Handel über das World Wide Web. Im Gegensatz zum stationären Einzelhandel boomt der Versandhandel in diesen Pandemiezeiten regelrecht, aber auch dank kostenloser Rückgabemöglichkeiten. Gut so?

Klick. Klick. Gekauft. Wie alles begann? Die Geschichte des Onlinehandels ist recht jung. Wer zudem das System Gratisretouren verstehen will, sollte sich zunächst mit den grundsätzlichen Strukturen dahinter vertraut machen.

Offiziell wird der Ursprung auf den 11. August 1994 datiert. An diesem Tag fand die erste Transaktion in einem Onlineshop statt: Per Kreditkarte wurde eine CD des britischen Musikers Sting beim Händler Noteworthy Music über den US-Marktplatz Netmarket gekauft. Insgesamt gibt es jedoch drei Szenarien – das allererste aus den frühen 1970ern und noch dazu nicht ganz unheikel: Zwei Standford-Studenten sollen über den Internetvorläufer Arpanet einen Onlinekauf abgewickelt haben, vermutlich um an Drogen zu kommen. Dies schreibt der New York Times-Journalist John Markoff in seinem Sachbuch über die Computerindustrie „What the Dormouse said“. Aus den ’80er Jahren stammt diese Version: Via Teletext soll im Mai 1984 eine Britin Lebensmittel bei der Supermarktkette Tesco bestellt haben. Im Gegensatz dazu lief 1994 von der Bestellung bis zur Bezahlung tatsächlich alles online ab.

Ein Vierteljahrhundert später ist E-Commerce zu einer der profitabelsten Möglichkeiten, Geschäfte abzuwickeln, aufgestiegen. 2019 wurden allein in Deutschland rund 72,6 Milliarden Euro im Internet erwirtschaftet.

Big Player des Onlineshoppings

Bereits am 3. September 1995 wurde das Verkaufsportal eBay gegründet – damals noch unter dem Namen AuctionWeb. Im Jahr 2019 lag eBay aber nicht unter den Top 100 der umsatzstärksten Händlerportale. Es erzielte lediglich einen Jahresumsatz von circa 1,35 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „E-Commerce-Markt Deutschland 2020“ vom EHI Retail Institute und Statista. Platzhirsch im Onlinegeschäft ist demnach noch immer Amazon. In Deutschland nahm der gigantische Internetriese im vergangenen Jahr umgerechnet etwa 20,1 Milliarden Euro ein. An zweiter und dritter Stelle folgen der Hamburger Generalist Otto und BerlinerBekleidungsversandhändler Zalando. Zu den Top 10 gehören außerdem Lidl, Mediamarkt, Saturn und Apple.

Alle verbindet: Der Händler trägt die Kosten der Rücksendung. Gratisretouren sind sogar bei Lidl möglich, wenn der Einkaufspreis über 40 Euro liegt oder es sich um falsch zugestellte Ware handelt.

Alles, was das Herz begehrt

Obwohl keine Pflicht für Verkäufer besteht, etwa eine kostenlose Rücksendung überhaupt anzubieten oder einen Retourenaufkleber beizulegen, entscheiden sich viele Firmen für diesen „Kundenservice“. Und dieser funktioniert insbesondere dort, wo Retouren nur wenig Aufwand bedeuten. Im digitalen Warenkorb der Deutschen landen so vor allem und am liebsten: Kleidungsstücke. Gerade bei Modehändler Zalando gehörten Gratisretouren trotz hoher unternehmerischer Zusatzkosten zum Geschäftsmodell dazu, so der Vorstand bereits 2015.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stand 2017 die Bekleidungsbranche mit knapp neun Milliarden Euro Umsatz an der Spitze, gefolgt von Computern und Software (rund sechs Milliarden Euro) und dem sonstigen Einzelhandel (vier Milliarden Euro). So gehören auch Möbel, Unterhaltungselektronik, Schuhe und elektrische Haushaltsgeräte zu den Warengruppen, die wir gern online nachfragen. Aber auch Kosmetika und Drogerieartikel werden laut einer Marktforschungsstudie von 2018 oft geshoppt. Der Spielzeugmarkt hingegen ist in Stagnation geraten, obwohl auch hier Warenrücksendungen nicht unüblich sind.

Schlusslicht im Onlineversand bilden Lebensmittel. 42 bis 43 Prozent der unter 50-Jährigen besorgen sich ab und an ihre Lebensmittel online, bei den über 50-Jährigen ist es nur jeder Vierte. Wenn Lebensmittel bestellt werden, dann vorrangig Waren mit langer Haltbarkeit – zum Beispiel Kaffee, Tee, Gewürze, Wein und Süßigkeiten. Angebot von und Nachfrage nach frischen Lebensmitteln finden sich hingegen kaum im Web. (Von Lieferdiensten abgesehen.)

Online oder Offline?

Eine Bitkom-Umfrage von 2019 hat gezeigt, dass 80 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung ab 14 Jahren – also rund 56 Millionen Bürgerinnen und Bürger – inzwischen ganz selbstverständlich sowohl im Geschäft um die Ecke wie auch virtuell einkaufen. Beim Internetshopping ist dafür das Smartphone (noch vor dem Laptop) zentrales Mittel der Wahl. Jeder zweite Onlinekäufer nutzt am liebsten sein Mobiltelefon – bei den 14- bis 29-Jährigen sind es sogar acht von zehn Befragten. Fast drei von zehn Verbrauchern kaufen mindestens einmal die Woche online ein.

Und nach welchen Kriterien kaufen wir? Für 83 Prozent der Befragten spielt der Preis die größte Rolle und entsprechende Preisvergleichsseiten. Danach sind sichere Zahlungsmöglichkeiten sowie eine versandkostenfreie Lieferung oder auch ein kostenfreies Rückgaberecht wichtig. Im Netz geben außerdem Kundenbewertungen den Ausschlag, ob wir uns auf ein Produkt einlassen oder nicht.

Während Onlineshopping für viele inzwischen „einfach dazugehört“, gehen die Meinungen beim Thema Retouren jedoch auseinander: Während die einen es als positiv, weil komfortabel empfinden, tun es die anderen aus Klimaschutz – und Umweltgründen nur ungern. Fest steht, Gratisretouren sind ein zentraler Faktor für den Erfolg des Onlinehandels geworden. Zumindest für diejenigen, die sie sich leisten können.



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