DebatteSoll der Staat bei der Sportförderung sparen?
Vereinssport ist Freizeitaktivität und gesellschaftliche Teilhabe. Vielen Kindern bleibt diese aus Geldnot aber verwehrt. Hier könnte vor allem staatliche Unterstützung helfen, meinen die einen. Andere sehen darin keine Notwendigkeit für (noch mehr) staatliche Ausgaben.
Für viele Kinder bleibt das Kicken oder Schwimmen mit anderen im Verein oft nur ein Traum: Die Monatsbeiträge sind für viele nicht erschwinglich. Dazu kommen noch Kosten für Ausrüstung, Trainingslager und Sonstiges. Etwa 72 Euro geben Eltern durchschnittlich im Monat für Freizeit und Sport bis zum 18. Lebensjahr ihrer Kinder aus – manche mehr, andere viel weniger.
Dabei stehen Familien in der Bundesrepublik zahlreiche staatliche Leistungen zu. Bis zum 25. Lebensjahr eines Kindes besteht Anspruch auf Kindergeld, für erwerbstätige Eltern gibt es außerdem Kinderfreibeträge, also Steuererleichterungen. Wie kein anderer Staat weltweit setzt die Bundesrepublik eher auf Geldleistungen und weniger auf Infrastruktur. Finanziell bedürftigen Familien steht auch Unterstützung bei Leistungen wie der Nachhilfe zu. Zweieinhalb Millionen Kinder und Jugendliche können entsprechende Hilfe durch das 2011 eingeführte sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket beanspruchen, es ist Teil des „Hartz-IV-Kompromisses“.
Die Kosten für den Besuch des Sportvereins übernimmt der Bund damit bis zu einer monatlichen Höhe von zehn Euro. Dafür stellt er jährlich 720 Millionen Euro zur Verfügung. Allerdings nutzt nur ein Bruchteil der Angesprochenen diese Leistungen, oft wegen bürokratischer Hürden oder mangels Information. Und auch nur etwa jedes zwölfte anspruchsberechtigte Kind nimmt die Unterstützung für Nachhilfe wahr. Bis heute rufen lediglich zehn Prozent der Kinder und Jugendliche bzw. deren Eltern das Geld, das ihnen zusteht, ab.
In Härtefällen springen Schulen und Gemeinden ein und sorgen dafür, dass ärmere Kinder weniger Geld für das warme Mittagessen in der Mensa ausgeben müssen und prinzipiell auch an Klassenfahrten teilnehmen können. 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die Schaffung einer Härtefall-Regelung gefordert, die zahlreiche Zusatzleistungen für Hilfebedürftige vorsieht.
Förderung für Sportanlagen
Die Kosten für den Bau von Sporteinrichtungen und sonstige Infrastruktur tragen zum großen Teil die Kommunen, doch auch der Bund fördert den Kinder- und Jugendsport. Damit folgt er dem Vertrag von Lissabon, der seit 2009 vorsieht, dass Sport in der EU ein zentrales und förderungswürdiges Element für die Gesellschaft darstellt.
Die Förderung des Vereins- wie auch des Freizeitsports stellt so eine Gemeinschaftsaufgabe dar. Jedes Bundesland entscheidet jedoch selbst, wie hoch die Zuwendungen für Mitgliedschaften in Sportvereinen ausfallen sollen und welcher Eigenanteil sich daraus ergibt. Dabei spielt die Organisationsstruktur des Sportvereins eine entscheidende Rolle. Zumindest muss er gemeinnützig sein. Eine besondere Unterstützung genießen sozial oder ökologisch orientierte Vereine, wenn sie also beispielsweise großen Wert auf Nachhaltigkeit legen und deshalb Ökostrom für die Beleuchtung des Bolzplatzes nutzen oder mit regionalen Unternehmen kooperieren. Die Bedingungen für eine direkte Förderung unterscheidet sich stark von Land zu Land und von Kommune zu Kommune. Die Unterstützungslandschaft und ist recht unübersichtlich.
In anderen Staaten Europas ist die Situation diesbezüglich für arme Familien der in der Bundesrepublik ähnlich: Selbst im wohlhabenden Schweden reicht in vielen Familien das Geld für die Sportmitgliedschaft nicht aus. Doch es gibt auch Raum für Eigeninitiative. So fördert eine kleine Gemeinde im Süden Stockholms jedes dort gemeldete Kind und jeden Jugendlichen jährlich mit umgerechnet etwa 300 Euro für Sport- und Freizeitaktivitäten. Neben der guten Infrastruktur in Schweden sind es unter anderem die Einnahmen aus der staatlichen Lotterie und Mittel von Sponsoren, die dafür sorgen, dass ungefähr ein Drittel der etwa zehn Millionen Schweden in Sportvereinen aktiv ist.
Unterstützung von Spitzensportlern
Eigeninitiative auf nationaler Ebene zeigt sich hierzulande auch: Die Stiftung Deutsche Sporthilfe und der Bund greifen Athleten unter die Arme. Erstere mit insgesamt rund 13 Millionen Euro für absolute Spitzensportler, während der Staat eine individuelle monatliche Basisförderung ab 300 Euro spendiert. Zu wenig, beklagen jedoch die Profisportler. Und Verbände kritisieren, mangels finanzieller Hilfe ginge ihnen der Nachwuchs aus.
Generell bleibt die Frage also bestehen: Soll der Staat überhaupt den Sportverein bezahlen? Trotz Ermäßigungen für sozial Schwache stellen Vereinsmitgliedschaften für Kinder aus ärmeren Familien einen Luxus dar, den sie sich oft nicht leisten (können). Denn vom Staat subventionierte Vereinsbeiträge oder Musikstunden sind genau das: subventioniert, nicht bezahlt.
Während viele Akteure sich uneinig sind, in welchem Maße es Aufgabe des Staates sein soll, die Kosten für sportliche Aktivitäten zu übernehmen, herrscht Einigkeit darüber, dass und wie wichtig Sport als soziales Erlebnis ist. Egal, ob im Freizeit-, Breiten- oder Spitzensport.