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DebattePolygamie: Heiraten – aber wie viele?

Von Maria Altnau / 27. April 2018
picture alliance / imageBROKER | Isai Hernandez

In Deutschland ist das Heiraten mehrerer Partner verboten. In vielen anderen Ländern ist es erlaubt. Warum verpflichten Gesetze zur monogamen Ehe, während andere Völker auch polygam leben? Durch die Zuwanderung der vergangenen Jahre bekommt diese Frage wieder mehr Brisanz.

Die meisten Länder, in denen Polygamie zulässig ist, liegen auf dem afrikanischen Kontinent. Weiter östlich zählen einige Länder aus dem Nahen Osten wie Saudi Arabien und Iran sowie aus dem asiatischen Kulturraum dazu, darunter Indien und Indonesien. Dagegen ist die Vielehe in keinem westlich-industriellen Land legal.

Ein prominentes Beispiel aus der Liste sticht heraus: Der ehemalige südafrikanische Präsident Jacob Zuma hat erst vor wenigen Tagen seine siebte Frau geehelicht. Er gehört der Volksgruppe der Zulu an, in deren Kultur Polygamie traditionell verwurzelt ist. Dass er Staatschef eines Landes werden konnte, in dem Mehrehen zivilrechtlich verboten sind, beweist, dass traditionelle Wertevorstellungen ethnischer Gruppen über dem Gesetz stehen können. Auch amerikanische Mormonen schließen immer noch Mehrehen.

Vielmännerei und Vielweiberei

„Nach der Datenlage der Ethnologen gibt es in Afrika keine Ethnie, bei der überhaupt Monogamie vorkommt“, sagt der Anthropologe Peter Kappeler in einem Zeit-Artikel. Neben der Streuung der Gene sind auch bessere Überlebenschancen beim Betreiben von Landwirtschaft ein Grund für Polygamie. Mehr Ehepartner können mehr arbeiten und so den Ertrag der gesamten Sippschaft steigern.

Die Vielehe unterscheidet zwei Formen. Bei der verbreitetsten Variante, der Polygynie, auch Vielweiberei genannt, hat ein Mann mehrere Ehefrauen. Diese Tradition ist in vielen afrikanischen und asiatischen Kulturkreisen verbreitet. Das Gegenstück dazu nennt sich Polyandrie, Vielmännerei. Diese Form kommt seltener vor. In einer abgelegenen Provinz Chinas ist es allerdings noch immer Tradition, dass mehrere Brüder mit einer Frau verheiratet sind. Einen Rekord will jedoch eine Britin aufgestellt haben, die im Jahr 1922 behauptet hatte, mit 61 Männern verheiratet zu sein.

Wo welche Form der Polygamie verbreitet ist, hängt laut Anthropologen von der Art der Landwirtschaft ab. So ist Vielmännerei eher in Ackerbaukulturen verortet, Vielweiberei hingegen in Kulturen, die Viehzucht betreiben. Die niedrigere Stellung der Frau in voremanzipatorischen Zeiten, die männliche Dominanz sowie die klassische Rolle des Mannes als Ernährer erklären, warum die Vielweiberei deutlich überwiegt.

Schriftensammlungen und Gottes Wille

Von wirtschaftlichen zu religiösen Aspekten. Nach islamischem Recht darf ein Mann bis zu vier Frauen ehelichen. Diese Tradition stammt aus der Zeit, als der Koran abgefasst wurde. Zu dieser Zeit hatten Frauen ohne Vormund mit niedrigem sozialen Status kaum Rechte, wenn sie nicht verheiratet waren. Auch im Judentum gibt es noch einzelne Strömungen, die Polygamie praktizieren, was aber offiziell nicht erlaubt ist. Der Buddhismus toleriert Polygamie. Oft entstanden auch in buddhistischen Gesellschaften polygame Verbindungen aus einer wirtschaftlichen Not.

Die Bibel lehnt Polygamie nicht grundsätzlich ab. Im Alten Testament, dem Zweiten Buch Samuel, wird die Geschichte Davids erzählt, der sich mehrere Nebenfrauen nahm. Allerdings sind Mehrfachehen im Christentum nicht üblich. Im Katholizismus zählt die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau als ein Sakrament, das sich die beiden Partner geben und welches das ganze Leben dauert. Das hat unsere Vorstellungen so weit geprägt, dass die Monogamie als Eheform nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch im deutschen Rechtssystem verankert ist.

Neue Brisanz durch Zuwanderung

Was wir im westlich-europäischen Kulturraum als befremdlich empfinden, wenn eine Person mehrere Frauen oder Männer ehelicht, verknüpfen wir oft mit unseren Vorstellungen von der einzig wahren Liebe, die Menschen nur in der monogamen Ehe glücklich macht. Nicht zuletzt enden sämtliche Märchen von Schneewittchen bis Dornröschen damit, dass Prinz und Prinzessin sich finden, heiraten und bis an ihr Lebensende zusammenbleiben. Die Ehe ist demnach eine gefestigte Form der Verbindung zweier Menschen, die in unserer Gesellschaft anerkannt ist und durch eine Urkunde, einer Art bürgerlichem Vertrag, besiegelt wird.

Grundsätzlich sind Mehrfachehen in Deutschland verboten, die Strafbarkeit ist jedoch komplizierter. Das Schließen einer weiteren Ehe verstößt gegen Paragraph 1306 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Laut Strafgesetzbuch wird das Eingehen einer Doppelehe mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft. Es sei denn, die Ehen wurden in Staaten, in denen Mehrfachehen erlaubt sind, legal geschlossen. Dann dürfen sie in Deutschland fortgeführt werden.

In den vergangenen Jahren haben diese Vorschriften eine immer wichtigere Rolle in der Rechtsprechung gespielt. Die neuesten Urteile stehen in Zusammenhang mit Einbürgerungsbegehren von Zuwanderern. Vor zwei Jahren erklärte der damalige Justizminister Heiko Maas gegenüber der Bild-Zeitung: „Niemand, der zu uns kommt, hat das Recht, seine kulturelle Verwurzelung oder seinen religiösen Glauben über unsere Gesetze zu stellen. Deshalb dürfen in Deutschland keine Mehrfach-Ehen anerkannt werden.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte Mitte April dieses Jahres gegenüber der Bild am Sonntag an, dass er die Anerkennung von im Ausland geschlossenen Mehrfachehen abschaffen wolle. „Polygame Ehen sind in Deutschland strafbar. Da ist es doch absurd, dass wir uns mit der Zuwanderung Polygamie ins Land holen. Mit einer bayerischen Bundesratsinitiative wollen wir erreichen, dass im Ausland geschlossene Vielehen bei dauerhaft hier lebenden Ehegatten aufzuheben sind.“



14 Antworten auf „Polygamie: Heiraten – aber wie viele?“

  1. Von Jana am 27. August 2018

    Es soll besser so bleiben!

  2. Von Harry am 2. September 2018

    Ich weiß nicht, welcher vernünftige Grund dagegen spricht, Polygamie zu akzeptieren und auch rechtlich zu sanktionieren. Es sollte letztlich jedem selbst überlassen sein, wie er sein Liebesleben – und damit auch das Eheleben – gestaltet. Solange eine polygame Ehe auf der freiwilligen Zustimmung aller beteiligten basiert, warum soll man sie verbieten? Der einzige Grund für die Ablehnung ist doch die nach wie vor viel zu einflussreiche christliche Prägung unseres Landes in solchen Fragen. Und dass das Christentum von zwischenmenschlichen Beziehungen, die es nicht strikt regulieren kann, nichts hält, dürfte ja hinlänglich bekannt sein…

    1. Von Egon Ralf Schrader am 7. Mai 2019

      Ja Ja-das Liebesleben-Familienleben zwischen Mann und Frau (Frauen)sollte nicht von außen durch Unwissenheit Unkenntnis und Intoleranz-bei einer zufrieden glücklichen Familien-Gemeinschaft bestimmt und sozusagen befohlen werden !

    2. Von Carmen am 24. September 2023

      Wenn der Mann die Frauen und die Kinder selbst ernähren kann ist es ok, nur wenn sie denken das der Staat für Ihr Privatleben aufkommt gehört es verboten.

  3. Von Marita Selnau am 9. Mai 2019

    Das finde ich überhaupt nicht. Mit mehreren Frauen verheiratet zu sein, ist bei in unserer Kultur überhaupt nicht Tradition und seit hunderten, vielleicht sogar tausenden Jahren kein Modell der Gesellschaft. Hat mal irgendjemand von denen, die das befürworten, die ganzen rechtlichen Konsequenzen bedacht: Erb- und Scheidungsrecht, Familien- und Fürsorgerecht? Von mir aus kann jeder leben und lieben wie er oder sie will, aber wenn es um eine juristisch relevante Institution wie die Ehe geht, habe ich meine Zweifel, ob Polygamie in Deutschland funktioniert.

    1. Von Eddy am 3. Januar 2020

      Wenn wir über Tradition und Sitte sprechen dann können wir auch gleich die Homo ehe verbieten. Aber hier wird mit zweierlei Maßstäben gemessen. Nur weil die Priester alle Schwul sind haben wir die Homoehe legalisiert. Bald auch die Pädophilie, weil alle Kirchenoberhäupter aus Tradition sich an Kinder bedienen. Lieber Frau, Sie haben weder von Tradition noch von Sitte eine Ahnung.

      1. Von Christa Roth am 3. Januar 2020

        @Eddy: Als Redaktion sind wir immer interessiert an inhaltlichen Auseinandersetzungen, auch wenn sie kontrovers daherkommen. Ob Sie für oder gegen die Homoehe sind, bleibt Ihre Sache. Und Ihre Meinung dürfen Sie auf sagwas jederzeit gern offen teilen. Wenn Ihre Meinung aber anderen Diskutanten den Respekt schuldig bleibt oder diese durch falsche Unterstellungen beleidigt, werden wir das nicht akzeptieren. „Alle Priester“ sind nicht schwul. Auch wenn Sie das glauben. Genauso wenig „bedienen sich“ alle Kirchenoberhäupter an Kindern, wie Sie meinen. Sexuellen Missbrauch gibt es leider, das ist richtig. Wo und durch wen, das haben jedoch strafrechtliche Untersuchungen zu klären. Wenn Sie in dieser Angelegenheit ernsthaft helfen wollen, tun Sie das! Aber nicht durch verächtliche Kommentare im Internet. Wir behalten uns sonst das Recht vor, derartige Äußerungen zu löschen. Wir wollen Verständnis teilen, nicht Hass.

    2. Von Jan van B am 26. Juni 2021

      Das hat es alles auch in Deutschland und den Niederlanden gegeben. Das es keine Tradition hat, ist leicht daher gesagt. Nun für uns hat es Tradition. Heute vielleicht nicht mehr in Europa, aber in Amerika.

  4. Von Michael Zachau am 27. Juni 2019

    Erb- und Scheidungsrecht, Familienrecht…es geht immer nur um Besitz. Wer besitzt das Recht auf die Finazen einer Trennung, wer besitzt das Recht an den Kindern in der Trennung…es geht immer darum. Nie darum zu regeln, wie man zusammenleben kann. Aber vielleicht hängt das damit zusammen, dass „diese“ Fragen bisher immer nur von denen gestellt werden die auch sonst nur wenig juristisches Fachwissen haben.
    Dann daran gedacht? Ja natürlich denken die, die sich damit beschäftigen darüber nach. Erbrecht die überbleibenden Partner eine Hälfte und die Kinder die andere oder alle zu gleichen Teilen…Scheidungsrecht? Schon mal was von einem Ehe-Vertrag gehört? Genauso Umgangsrecht…leibliche Eltern…wo ist das Problem…wenn das Kind sich artikulieren kann – Kindeswunsch hat Vorrang. Es ist doch egal, wieviele Leute in einer Mehrfachehe leben – im Zweifel muss man das vorher klären. Wir vergessen bei diesen Diskussionen doch nur, dass es um den Wunsch von Menschen geht füreinander da zu sein und das auch nach außen zu zeigen. In unserem säkularen Staat hat die christliche Kirche, der nicht mal die Hälfte der Einwohner angehört immer noch einen Anspruch die moralischen Wegbereiter zu sein. Finsteres Mittelalter. Und zur Frage, ob das hier jemals schon gewesen ist…ja, auch Johann Sebastian Bach hatte zwei Frauen. Damals durfte man das. Sogar Martin Luther hat einen Aufsatz darüber verfasst, dass ein Mann mehr als eine Frau haben darf und kann. Die Ehe als Institution, wie wir sie kennen, ist ein Produkt des 17 Jahrhunderts…vorher waren die, die zusammen lebten eine Familie. Der Bauer hatte seine Frau, und die Mägde auch. So wie es heute auch noch in landwirtschaftlich geprägten Kulturen zugeht. Jeder sollte leben dürfen, wie er es für richtig hält. Keiner dürfte darüber urteilen.

  5. Von Lisa am 12. August 2019

    Ich frage mich ob Kommentare wie „Solange eine polygame Ehe auf der freiwilligen Zustimmung aller beteiligten basiert, warum soll man sie verbieten?“ Und „Wir vergessen bei diesen Diskussionen doch nur, dass es um den Wunsch von Menschen geht füreinander da zu sein und das auch nach außen zu zeigen.“ schlichtweg naiv sind. Was als Polygamie referenziert wird ist doch treffender mit dem Begriff Polygynie, auch Vielweiberei, beschrieben. Es wäre interessant wie viele afrikanische Frauen freiwillig und unabhängig von gesellschaftlichen und finanziellen Druck in einer Vielehe leben würden.

    https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2018/mobilitaet/senegal-die-oekonomie-der-polygamie

     https://www.sueddeutsche.de/politik/polygamie-in-kenia-sie-muessen-noch-nicht-einmal-fragen-1.1919516

     https://www.focus.de/panorama/welt/noch-heute-weit-verbreitet-lieber-vier-frauen-als-nur-eine-so-funktioniert-polygamie-in-suedafrika_id_6005571.html

  6. Von Michael Zachau am 20. August 2019

    Liebe Lisa, warum soll das nicht funktionieren? Wir reden nicht darüber, ob in Afrika jede Frau damit glücklich ist. Wir reden davon, ob die Menschen das selbst bestimmen sollten oder sich das Liebesleben vorschreiben lassen sollen. Homosexualität war bis vor wenigen Jahren auch eine Krankheit. Und das Gesetz aus Kenia anzuführen, in dem gegen den Wiederstand der Frauen im Parlament eine Nichteinbindung der Frauen verankert wurde ist absurd – wir reden über eine echte polyamore Beziehung. Schau mal you-me-her….sowas 🙂

  7. Von Michelle am 31. März 2021

    Ich kann mich den vorherigen Kommentaren von Michael Zachau ebenfalls anschließen. Ich als Frau welche mit zwei Männern in einer partnerschaftlichen Verbindung lebt, würde mich unheimlich freuen heiraten zu können. Ich liebe beide gleichermaßen viel und wir leben auch gemeinsam. Unsere Beziehung unterscheidet sich abgesehen von der Anzahl „drei“ kaum von einer monogamen Beziehung und ist genauso gekennzeichnet von Liebe, Treue, Vertrauen und Fürsorge. Es ist schade, dass diese Verbindung gesellschaftlich kaum bis gar nicht anerkannt oder tolleriert wird. Wäre die offizielle Ehe möglich, würde das, so hoffe ich, auch zu einem gesellschaftlichen Umschwung führen. Ich möchte auch gar nicht die Monogamie in Frage stellen (ich selbst könnte mich genauso auch nur für einen Partner entscheiden, ich sag mal wo die Liebe hinfällt), aber die Möglichkeit die Menschen offen und ehrlich zu lieben und geschätzt zu werden, ist ein schönes Privileg, welches ich ebenfalls gerne hätte. Zum Schluss des Artikels wurde erläutert, wie sich Markus Söder zur „Polygamie“ äußert. Ich vermute er verbindet mit der Polygamie eine frauenunterdrückende Konvention aus anderen Ländern, die ich ebenfalls nicht unterstütze, obwohl deren Ursachen deutlich tiefergehend sind, welche jedoch nichts mit der freien Liebe und Partnerschaft zu tun hat. Genau wegen solchen Äußerungen ist ein Umdenken doch so wünschenswert. Ich kümmere mich um beide Partner liebevoll und diese sich ebenso um mich, es gibt keinen Grund dies abwertend zu behandeln.

  8. Von Olaf Burkandt am 15. Dezember 2022

    Ich lebe jetzt schon seit 25j in einer Poligamen Gemeinschaft. Bei uns ist es so das 2 Männer und 4 Frauen zusammen leben und ja leider können wir nirgendwo heiraten.Gerade das rechtliche ist das was uns fehlt.wenn jemand im Krankenhaus kommt oder das Erbe wird versteuert.
    Aus meiner Sicht sollte poligami oder besser die mehrehe erlaubt werden wenn bestimmte voraussetzungen erfüllt sind .Dazu gehört auch das jeder zustimmt .

  9. Von Interprête Méhariste am 20. Januar 2024

    @ Michael Zachau: Könnten Sie bitte den Link zu dem Aufsatz von Dr. Martin Luther zum Thema hier reinstellen?
    Gehe ich zu Recht davon aus, dass er das meinte, was man auf Hebräisch Peleguesh nennt?
    Falls nicht, meinte er wirklich eine zweite und gleichzeitige Vollehe samt allen Erbberechtigungen, quasi so, wie der alte Lamekh mit Adah und Tsillah gelebt und geliebt hat?
    Dass Sie Dr. Martin Luther zitierte haben, hat mich in der Tat sehr neugierig gemacht. Diese Seite kannte ich von ihm bisher noch gar nicht… 😜

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